Heinz-Christian Strache, zumindest Kanzlermacher

ANALYSE. Der FPÖ-Chef wird ein bisschen unterschätzt. Nach der Nationalratswahl wird voraussichtlich er die Hauptrolle spielen. Und nicht Kern und auch nicht Kurz. 

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ANALYSE. Der FPÖ-Chef wird ein bisschen unterschätzt. Nach der Nationalratswahl wird voraussichtlich er die Hauptrolle spielen. Und nicht Kern und auch nicht Kurz.

Es soll einem Schlimmeres passieren, als unterschätzt zu werden. In Wirklichkeit ist das sogar ganz gut. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat dieses Schicksal vor wenigen Wochen ereilt: Monatelang hatte er als haushoher Favorit für die kommende Nationalratswahl gegolten, doch dann wurde er vom designierten Bundesparteiobmann der ÖVP, Sebastian Kurz, überholt; ja nicht nur das, einigen Umfragen zufolge fiel er auch noch hinter die Sozialdemokraten von Kanzler Christian Kern zurück.

Wenn man das Ganze allein als Rennen um Platz eins betrachtet, dann mag diese Außenseiterrolle gerechtfertigt sein. Man sollte sich jedoch nicht darauf beschränken. Zumal Strache nach wie vor die zentrale Rolle spielt – und wohl auch in den kommenden Monaten spielen wird.

Strache wird möglicherweise wie ein Getriebener wirken, Material aber hat er genug auf Lager. Beispiel Nullzuwanderung.

Zunächst einmal im Wahlkampf: Die Maximalforderungen in der Asyl- und Integrationspolitik werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Strache kommen. Wenn Kurz etwa Einschränkungen bei der Mindestsicherung fordert, dann wird er immer noch weiter gehen. Dabei wird er möglicherweise wie ein Getriebener wirken, Material aber hat er genug auf Lager: Österreich brauche keine Halbierung von Obergrenzen, sondern Nullzuwanderung, ließ er beispielsweise schon in seiner Neujahrsansprache im vergangenen Jänner wissen. Strache wird sich die „Führungsrolle“ bei diesem Thema kaum nehmen lassen. Andernfalls würde das nämlich bedeuteten, dass er gar noch eine Wahlniederlage (gegenüber 2013) in Kauf nimmt. Und davon ist nicht auszugehen.

Viel mehr Gewicht wird der FPÖ-Chef aller Voraussicht nach aber nach der Nationalratswahl haben: Selbst wenn er mit seiner Partei bei diesem Urnengang nur auf Platz zwei oder drei kommt, ist er der Kanzlermacher.

Im Unterschied zu Kern und Kurz hat Strache nicht nur eine, sondern zwei Wahlmöglicheiten.

Wenn Kurz wirklich Neues verkörpern möchte und Kern bei seiner Aussage bleibt, wonach es sich beim nunmehrigen Ende um ein solches auf lange Zeit handle, dann wird es keine Große Koalition mehr geben. Für beide sind die Alternativen jedoch beschränkt. Rot-Grün-Pink wird sich schon rein rechnerisch kaum ausgehen. Schwarz-Grün-Pink ebenfalls. Wobei sich das natürlich ändern könnte, ein Problem jedoch bliebe: Teile der Grünen etwa würden sich mit Kurz extrem schwer tun (und umgekehrt).

Das bedeutet: Wenn Kurz Kanzler werden möchte, braucht er genauso die Hilfe von Strache, wie Kern, wenn er es bleiben will. Womit sie schon einmal einen ganz entscheidenden Startnachteil gegenüber dem Freiheitlichen haben: Im Unterschied zu ihnen hat er – von der natürlich immer existierenden Option „Opposition“ abgesehen – nicht nur eine, sondern zwei Wahlmöglichkeiten. Sprich: Weniger Kurz und Kern werden Koalitionsbedingungen definieren, vielmehr er wird das tun.

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