Grüne machen sich’s extra schwer

ANALYSE. Wie bei der Nationalratswahl 2017 ziert sich die Partei, sich klar und allein zu den unverrückbaren Themen zu positionieren. Damit wird’s eng für sie.  

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ANALYSE. Wie bei der Nationalratswahl 2017 ziert sich die Partei, sich klar und allein zu den unverrückbaren Themen zu positionieren. Damit wird’s eng für sie. 

Politisch steht Österreich auch im Frühjahr 2019 ganz im Zeichen von Schwarz-Blau: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ) und vor allem auch Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) bestimmen die Themen und gleich auch das Framing dazu, von Zuwanderung im Allgemeinen bis hin zu Flüchtlingen und der Mindestsicherung im Besonderen. Wie sie das machen, wie sie bisweilen faktenbefreite, meist aber wirkungsvolle Sprachbilder einsetzen, hat die Ö1-Mediensendung #doublechek gerade sehr schön dokumentiert.

In der Republik hat es (wohl) noch nie eine Regierung gegeben, die inhaltlich über eine solche Hegemonie verfügt hat. Das muss man vorausschicken, weil es verdeutlicht, dass die politischen Mitbewerber unter diesen Umständen nur eines tun können: reagieren – und sich dabei entweder dafür oder dagegen positionieren; und zwar so unmissverständlich, dass es bei den Wählern auch ankommt.

Soll heißen: Für die Grünen wäre es unter diesen Umständen rein strategisch gesehen erfolgversprechend, sie würden sich zum Beispiel klar zu einer „Willkommenskultur“ bekennen. Oder eine Kampagne zur Verteidigung der Menschenrechte starten. Damit hätten sie alles in allem vielleicht eine Mehrheit gegen sich, aber eine Minderheit wirklich für sich. Das wäre immerhin etwas.

Bemerkenswert ist, dass die Partei im Hinblick auf die EU-Wahl Ende Mai weit davon entfernt ist. Und das obwohl die Ausgangslage durchaus vergleichbar ist mit jener bei der Nationalratswahl 2017 mit dem bekannten Ergebnis. In einer Aussendung erklärte die stellvertretende Grünen-Chefin Nina Tomaselli am Montag, worum es im Wahlkampf gehen solle: Für ein demokratisches Europa und damit gegen alte Nationalisten und neue Rechtsextreme. Außerdem wolle man sich für Klimaschutz und gegen Großkonzerne engagieren.

Vor allem aber ist das kein leidenschaftliches Gegenprogramm zu Schwarz-Blau.

Ob das zu einem Wahlerfolg führen kann? Fraglich. Es ist ein bisschen viel und wenig zugleich. Vor allem aber ist das kein leidenschaftliches Gegenprogramm zu Schwarz-Blau, das insofern zur EU-Wahl passen würde, als es gerade im Zusammenhang mit Flüchtlingen immer auch um eine europäische Dimension geht.

Grünen-Parteichef und Spitzenkandidat Werner Kogler könnte es besser: „Es wird die wichtigste Parlamentswahl in der Geschichte der EU. Es wird eine Schicksalswahl, die die Zukunft der Union entscheidet. Setzen sich jene durch, die Europa durch Nationalismus, Abschottung und permanente Querschüsse zerstören wollen? Oder gelingt es, diese Kräfte zu stoppen?“, ließ er in einer Aussendung Ende 2018 beispielsweise wissen. Stellt sich nur die Frage: Warum bleiben er und seine Mitstreiter nicht dran – und zwar ausschließlich bei dieser Geschichte?

Anschober hat prominente Unterstützer gewonnen. Gegen Großkonzerne werden sie sich aber kaum stellen. 

In Österreich wahlentscheidend wird der Standpunkt – entweder für schwarz-blaue (Europa-)Politik oder gegen schwarz-blaue (Europa-)Politik. Alles andere ist nebensächlich. Das liegt in der Natur ihrer Hegemonie. In den Ländern wird das von Grünen durchaus akzeptiert: Oberösterreichs Landesrat Rudi Anschober betreibt hartnäckig eine Kampagne für Asylwerber in Lehre. Zuletzt erntete er dafür sogar eine wohlwollende Äußerung von VOEST-Chef Wolfgang Eder. Wie schon von Ex-ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner und vielen anderen. Ob sie allerdings zu Grün-Wählern werden, ist zu bezweifeln; gegen „Großkonzerne“ werden sie sich kaum stellen.

Der Druck auf die Grünen steigt. Johannes Voggenhuber hat das Potenzial, ihnen ganz, ganz wichtige Prozentpunkte wegzunehmen. Sozialdemokraten und Neos sind immer ernstzunehmende Mitbewerber für sie. Und die ÖVP hat mit Othmar Karas zumindest ein Angebot auf ihrer Liste, das sie noch ein paar Zehntelprozentpunkte kosten kann. Da wird’s eng: Zu gewinnen gibt es am 26. Mai nur 19 Mandate. Für ein solches sind also mehr als die vier Prozent nötig, die für einen Verbleib im Nationalrat mindestens erforderlich sind und die die Grünen im Oktober 2017 verfehlt haben.

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