Grüne bleiben übrig

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ANALYSE. In der Krise steuert Österreich auf eine Retro-Allianz zu: ÖVP und SPÖ sind sich in Bezug auf Klimaschutz und Transparenz einig. Beides hat keine Priorität.

In Wien wird eine Art Große Koalition geübt: Auf Plakaten sind Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und der mächtigste ÖVP-Vertreter auf kommunaler Ebene, Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck, abgebildet. „Gemeinsam. Das ist unser Wien“, steht darauf.

Nicht, dass sich die Türkisen in einer Regierungszusammenarbeit mit den Sozialdemokraten befinden würden; in der Bundeshauptstadt tun das noch immer die Neos. Es geht aber mehr und mehr in diese Richtung. Auch auf Bundesebene, wo es unter diesen Umständen für die Grünen eng wird: 2020 haben sie sich mit der ÖVP unter Sebastian Kurz zusammengetan, um sehr vieles zu ertragen, aber zumindest zwei Dinge durchzusetzen: Transparenz und Klimaschutz.

Bei der Transparenz werden Werner Kogler, Sigrid Maurer und Co. papierlt. Zur Parteienfinanzierung ist erst lange nichts und zuletzt nur ein Blendwerk voller Umgehungsmöglichkeiten zustande gekommen. Informationsfreiheit lässt überhaupt auf sich warten. Von sozialdemokratischer Seite erfahren die Grünen keinerlei Schützenhilfe dabei. Einzig die Neos drängen ebenfalls auf Reformen. Aber das ergibt bei weitem keine Mehrheit.

Beim Klimaschutz ist im Rahmen einer Steuerreform einiges zustande gekommen, was nun aber wieder infrage gestellt wird. ÖVP-Multifkunktionär Harald Mahrer (Präsident der Nationalbank, der Wirtschaftsammer und des Wirtschaftsbundes) findet, dass die bisherigen Klimaziele im Lichte der jüngsten Entwicklungen „keine Relevanz mehr“ hätten. Wenn das Gas fehlt, könne man sie „zum Einheizen“ nehmen. Problem: Hier scheint es nicht darum zu gehen, Energie- und Klimakrise unter einen Hut zu bringen, sondern letztere schlicht zu ignorieren.

Das klingt auch bei der SPÖ immer wieder durch: Schon vor der letzten Nationalratswahl war es der Partei ein besonderes Anliegen, dass das Schnitzel für alle leistbar bleibt. Klar: Es soll nicht Reichen vorbehalten sein, aber mit Billigfleisch geht halt auch klimaschädliche Massentierhaltung einher. Am Mittwoch forderte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner wiederum, die CO2-Bepreisung, die im Juli starten soll, zu verschieben. ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher zeigte sich umgehend gesprächsbereit.

Auch hier kommt zum Ausdruck, dass Klimaschutz keine Priorität hat. Dabei würde wenig dagegen sprechen, eine solche trotz allem beizubehalten: Die Teuerung trifft nicht alle gleich. Einer Masse ist sie zumutbar. Und bei sozial Schwächeren, bei denen sie es nicht ist, könnte man treffsicher eingreifen. Modelle dazu gibt es (siehe zum Beispiel hier und hier). Man müsste nur wollen. Aber aus Sicht von Parteien, die sich noch immer als Massenparteien begreifen, würden zu wenige Menschen davon profitieren. Ihnen ist das Populäre wichtiger als das Notwendige.

Die Grünen bleiben übrig: In Vorarlberg wird sich für sie unter Markus Wallner eher keine Koalition mehr ausgehen. Zu lästig sind sie im Zuge der Wirtschaftsbundaffäre geworden, zu viel hat er zu verlieren; er braucht einen Partner, der die Augen zudrückt. Unter anderen Vorzeichen ist das auch auf Bundesebene so: Nicht nur bei diversen Affären, sondern auch in Klimafragen sind die Grünen Türkisen zunehmend lästig, könnten sie es mit Sozialdemokraten viel einfacher haben.

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