Gelenkte Pressefreiheit

ANALYSE. Regierungsinserate, „Message Control“, parteipolitisch motivierte Angriffe auf Medien wie einzelne Journalisten: Österreich hat ein grundsätzliches Problem.

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ANALYSE. Regierungsinserate, „Message Control“, parteipolitisch motivierte Angriffe auf Medien wie einzelne Journalisten: Österreich hat ein grundsätzliches Problem.

„Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichten werden“, schreibt Heinz-Christian Strache, nicht nur FPÖ-Chef, sondern auch Vizekanzler der Republik Österreich, auf Facebook: „Das ist der ORF.“ Dazu abgebildet hat er ZIB2-Moderator Armin Wolf (siehe derStandard.at). Die Angriffe auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk von Seiten der Freiheitlichen und damit eben auch der Regierung haben einen neuen Höhepunkt erreicht: Deutlicher denn je wird, dass es da nicht um eine sachliche Auseinandersetzung um eine möglicherweise wirklich notwendige ORF-Reform geht; es geht um Diskreditierung, Einschüchterung und damit letzten Endes eben auch das sich Gefügigmachen des größten Medienkonzerns. Und zumal die ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz ihren Koalitionspartner diesbezüglich gewähren lässt, muss man befürchten, dass das nicht misslingt. Im Gegenteil.

Womit sich Österreich in ziemlich großen Schritten ungarischen Verhältnissen annähert, wo es formal noch immer eine Pressefreiheit gibt, diese jedoch gelenkt ist. Was ebendies bedeutet: Von der Regierung wird Journalismus gefördert, der gefällig ist, und auch schon damit in einen Nachteil versetzt, was eben nicht passt. Sprich: Kritischer Journalismus ist zwar möglich, aus vielen Gründen, die weiter unten ausgeführt werden, aber schwer in einem wirklich großen und damit auch wirkungsvollen Umfang.

Der ORF ist mit einer Tagesreichweite von unter anderem vier Millionen TV-Zuseherinnen und -Zusehern das mit Abstand größte Medium. Was dort läuft, hat automatisch Gewicht. Also ist es schon einmal grundsätzlich gefährlich, wenn Politik meint, sich einmischen zu müssen; brandgefährlich wird es jedoch, wenn das höchste Regierungsvertreter in der erwähnten Art und Weise anfangen.

„Staatsbetriebe“ wäre eher der Begriff, der einem angesichts dieser Zahlen in den Sinn kommt“ (Veit Dengler)

Für Tageszeitungen hat sich die Politik spätestens unter Ex-Kanzler Werner Faymann (SPÖ) ein Instrument gerichtet, das Inseratenvergabe lautet. Allein 2016 haben Ministerien rund 19 Millionen Euro ausgeschüttet – willkürlich bzw. willentlich vorzugsweise an ausgewählte Blätter. Ex-NZZ-Vorstand Veit Dengler hat diese in einem Text dazu als eine Art „Staatsbetriebe“ bezeichnet; das sei eher der  Begriff, der einem unter den gegebenen Umständen in den Sinn komme. Das hat was.

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Mehr denn je wird von der Regierung „Message Control“ betrieben. Das geht so weit, dass im Namen der Ministerinnen ein männlicher Sprecher (Peter Launsky-Tieffenthal) mitteilt, dass sie das Frauen-Volksbegehren nicht unterschreiben werden. Oder dass orchestriert wird, welcher Minister wann wo was sagen darf (wobei man sich darüber wundern kann, dass sie sich das gefallen lassen, was jedoch eine andere Geschichte ist).

Freie Medien gibt es nach wie vor, sie haben jedoch einen erheblichen Wettbewerbsnachteil.

Die umfangreichen Ressourcen, die Regierung wie Parteien zur Verfügung stehen, ermöglichen es diesen abgesehen davon immer mehr, sich ihre eigenen Kanäle zu richten. Zum Beispiel über Facebook mit hunderttausenden „Fans“. Wobei der Punkt eben der ist, dass sie das im Unterschied zu vielen Medien nicht über den Markt finanzieren müssen; sie haben üppige Steuermittel dazu.

Geht unter all den erwähnten Umständen überhaupt noch freier, aufklärerischer Journalismus? Klar: Bei täglicher Zeitungslektüre kann man sich davon überzeugen, dass es ihn nach wie vor gibt. Aus den ausgeführten Gründen aber hat er einen erheblichen Wettbewerbsnachteil. Das ist das eine. Das andere ist, dass für ihn noch zwei altösterreichische Probleme dazukommen: Das Amtsgeheimnis und die auch im Jahr 2018 in zu vielen Bereichen nicht vorhandene Transparenz. Sie erleichtert die politische Informationskontrolle (bzw. -verhinderung) zu seinen Lasten erheblich. Im Sinne einer gelenkten Pressefreiheit eben.

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