Für Kern wird’s gefährlich

ANALYSE. Neuwahlen sind so schnell nicht mehr möglich. Das macht die Widersacher des Kanzlers für diesen erst so richtig bedrohlich. 

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ANALYSE. Neuwahlen sind so schnell nicht mehr möglich. Das macht die Widersacher des Kanzlers für diesen erst so richtig bedrohlich.

Sollte jemand befürchtet haben, dass noch vor dem Sommer vorgezogene Nationalratswahlen stattfinden könnten, so kann er nun beruhigt sein: Das geht sich nicht mehr aus. Knapp drei Monate beträgt die Vorlaufzeit zumindest. Würden SPÖ und ÖVP heute Schluss machen, könnten Herr und Frau Österreicher also erst im Juni zur Urne schreiten. Und das ist ganz und gar keine Zeit mehr für politische Kampagnen, geschweige denn zur Mobilisierung potenzieller Anhänger.

Wenn man vor allem letzteres berücksichtigt, kann nun frühestens erst Ende September wieder gewählt werden, wenn die Urlaubszeit ausreichend lange zurückliegt und der Alltag wieder eingekehrt ist.

Das ist ganz besonders für Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern kritisch: Sein Plan, anzutreten und zu wählen, hat sich im vergangenen Jahr aufgrund der Bundespräsidentenkür nicht umsetzen lassen. Im Jänner hat er die nächste Gelegenheit dafür nicht genützt, als über ein neues Regierungsprogramm verhandelt worden ist und er dem Koalitionspartner sogar ein Ultimatum gesetzt hat.

Jetzt wird er fast ein halbes Jahr kein window of opportunity mehr vorfinden Und das ist riskant für den 51-Jährigen. Zumal der Vorwahlkampf ja längst begonnen hat. Mit seinem wichtigsten Herausforderer neben FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, ÖVP-Hoffnungsträger Sebastian Kurz, betreibt er beispielsweise keine gemeinsame Integrations-, Europa- und Außenpolitik mehr, sondern liefert sich einen Wettstreit mit diesem (und umgekehrt): Er macht einen „Plan E“, dieser will ein eigenes EU-Reformpaket schnüren; er will ein europaweites Auftrittsverbot für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, dieser ein österreichisches etc.

Bei einer solchen Auseinandersetzung hat Christian Kern einen entscheidenden Nachteil: Als Regierungschef wird er daran gemessen, was er umsetzt. Wird er dabei von Leuten wie Kurz blockiert, bleibt das folglich eher an ihm hängen; es schadet ihm. Wobei Kurz nicht allein ist: Die Liste der ÖVP-Politiker, die Kern aus nachvollziehbaren Gründen nicht erfolgreich werden lassen wollen, ist lang; sie ist sogar so lang, dass es einfacher ist, den einen zu erwähnen, der nicht darauf steht: Vizekanzler Reinhold Mitterlehner; er zählt zu den letzten Österreichern, die noch an die Große Koalition glauben.

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Für den Kanzler wird es unter diesem Umständen eine Herausforderung sein, die nächsten Monate zu überbrücken bzw. sich nicht zu sehr beschädigen zu lassen. Doch auch danach wird’s nicht einfach für ihn sein, sich in Neuwahlen zu flüchten: Das würde schließlich auch bedeuten, den Eurofighter-U-Ausschuss abzuwürgen; dieser müsste seine Arbeit umgehend einstellen. Und das müsste Kern erst einmal rechtfertigen, nachdem er die Aufklärung eigenen Angaben zufolge unterstützt.

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