ANALYSE. Nachdem Hofer seinen Vorgänger nicht aus der Partei ausgeschlossen hat, fällt ihm jetzt „Ibiza II“ auf den Kopf.
Bezeichnen wir die Geschichte um die Casinos Austria, die zu den nunmehrigen Razzien bei Ex-Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Co. geführt hat, als „Ibiza II“. Grund: Was Strache in dem bekannten Video in der Möglichkeitsform dargestellt hat, ist hier ganz praktisch vollzogen worden. Und damit sind jetzt nicht die behaupteten Absprachen mit einem Glücksspielkonzern gemeint. Es reicht schon dieser Postenschacher, der bei der Casinos-Führung lief. Bettina Glatz-Kremsner, bis dahin u.a. stellvertretende ÖVP-Chefin unter Sebastian Kurz, wurde Vorstandsvorsitzende, Peter Sidlo, u.a. FPÖ-Bezirksrat in Wien, Finanzvorstand. Wobei an der Qualifikation von Glatz-Kremsner keine Zweifel bestehen, sehr wohl aber an der von Sidlo; diese Zweifel eines Personalberaters sind Berichten zufolge ganz einfach ignoriert worden. Sagen wir, wie’s ist: Eher nur das Parteibuch hat in seinem Fall den Ausschlag gegeben.
Wichtiger aber noch ist dies: Strache hat Österreich als Vizekanzler und FPÖ-Chef also wirklich geführt wie Parteieigentum – wie es ihm gefiel, willkürlich; wie er es in „Ibiza I“ halt so dargestellt hat.
Die neue Parteiführung mit Norbert Hofer und Herbert Kickl will nichts damit zu tun haben. Sie stehe in keinerlei Zusammenhang damit, ließ sie in einer Aussendung zu den Razzien wissen. Der Versuch ist nachvollziehbar. Er ist jedoch jämmerlich.
Konkret: Hofer und Kickl fällt auf den Kopf, dass sie de facto null Konsequenzen aus „Ibiza I“ gezogen haben. Vielleicht waren sie zu eng? Zwischen Hofer und Strache soll in der Vergangenheit schließlich kein Blatt Papier gepasst haben. Wie auch immer: Hofer und Kickl haben es vorgezogen, sich mit der Frage zu beschäftigen, wer das Video bzw. das Treffen in jener Villa auf der Mittelmeerinsel eingefädelt hat. Sie haben jedoch nicht einmal das Mindeste dessen unternommen, was wirklich notwendig gewesen wäre. Beispiel: Volle Offenlegung der Parteifinanzen (womit nebenbei auch andere Parteien unter Druck geraten wären).
Vor allem aber haben sie Strache (und Johann Gudenus) nicht aus der Partei ausgeschlossen, obwohl das parteischädigende Verhalten ja kaum zu überbieten war. Ja, sie haben Strache weiterhin gewähren lassen. Auf seiner Facebook-Seite, die über die Partei entstanden ist, kann er sich nach wie vor an knapp 800.000 Fans wenden und politisch betätigen. Selbst eine Kandidatur bei der Wiener Gemeinderatswahl im kommenden Jahr bleibt möglich. Sprich: Er ist Teil der FPÖ geblieben.