„Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein“

ANALYSE. Ein paar Klarstellungen, die zum Regierungswechsel notwendig erscheinen. 

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STANDORTBESTIMMUNG. Ein paar Klarstellungen, die zum Regierungswechsel notwendig erscheinen.

Auch ein Journalist hat Emotionen, Meinungen etc. Der eine hat sich persönlich über das Wahlergebnis vom 15. Oktober gefreut, der andere geärgert. Für die Arbeit beider muss jedoch eine Aussage maßgebend sein, die Hanns Joachim Friedrichs, 1995 verstorbener Moderator der deutschen Nachrichtensendung „Tagesthemen“ zugeschrieben* wird: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazu gehört.“ Soll zum Beispiel heißen: Er stellt sich weder in den Dienst eines Politikers noch einer Partei.

Gerade vor einem Regierungswechsel ist es wieder einmal notwendig, das klarzustellen und das Profil zu schärfen. Zumal der politische Diskurs, verstärkt durch soziale Medien, zu einem Niveau tendiert, das dem auf einem Fußballplatz ähnelt: Man ist Fan oder Gegner einer Seite und „liked“ und „faved“ entsprechend.

Da ist es für jeden Journalisten, der ernst genommen werden will, wichtig, sich auf das Friedrichs-Zitat zu besinnen. Wobei „es sich mit keiner Sache gemein machen“ nicht bedeutet, dass man prinzipienlos sein sollte. Im Gegenteil: Damit es möglich ist, dem Anspruch gerecht zu werden, sind Prinzipien nicht nur notwendig; sie sind Voraussetzung.

Als politischer Journalist dient man ausschließlich dem aufgeklärten Bürger.

Als politischer Journalist dient man ausschließlich dem aufgeklärten Bürger: Dieser muss erfahren, was Sache ist. Was hinter politischen Ansagen steckt, welche Strategien, Überlegungen und Motive; und wie sehr sie mit Fakten übereinstimmen. Das ist ein tägliches Ringen. Und dabei kann es weder für einen Wahlsieger noch für einen Wahlverlierer eine Art Gnade geben.

Über allem stehen gewisse Grundsätze. Insbesondere Menschenrechte im Allgemeinen und ein moderner Staat im Besonderen in dem Sinne, dass er auf Basis von Gesetzen agiert, Gewaltentrennung lebt und die Freiheiten des Einzelnen nur so weit einschränkt, wie es für das Wohlergehen möglichst vieler nötig ist. Was in der praktischen Umsetzung freilich ideologisch werden kann, aber eben nur unterstreicht, wie wichtig Standpunkte für jemanden sind, der „ein guter Journalist“ sein möchte.

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* Zur Zuschreibung heißt es auf Wikipedia: 1995 wurde erstmals der Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für journalistische Arbeit verliehen. Das Motto, unter dem der Preis seitdem jährlich verliehen wird, geht auf einen berühmten Satz von Friedrichs zurück: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“ So wird Friedrichs häufig zitiert. Im Original lautete das Zitat allerdings etwas anders und bezog sich vor allem auf die Rolle des Moderators: „Das hab’ ich in meinen fünf Jahren bei der BBC in London gelernt: Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, nicht in öffentliche Betroffenheit versinken, im Umgang mit Katastrophen cool bleiben, ohne kalt zu sein. Nur so schaffst du es, daß die Zuschauer dir vertrauen, dich zu einem Familienmitglied machen, dich jeden Abend einschalten und dir zuhören.“ – Hanns Joachim Friedrichs: Interview mit dem Spiegel.

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