Durchschaubare Flüchtlingspolitik

ANALYSE. Politik soll Probleme nicht kleinreden. Aber auch nicht größer machen als sie sind.

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ANALYSE. Politik soll Probleme nicht kleinreden. Aber auch nicht größer machen als sie sind.

Vorweg: Es sind nicht nur ÖVP und FPÖ, die die Flüchtlingspolitik ganz oben auf ihre Wahlkampfagenda geschrieben haben, sondern auch Teile der SPÖ. Das hat der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl am Wochenende in einem APA-Interview deutlich gemacht. Und das hat sein Landsmann, Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil unter anderem mit seiner Ankündigung verdeutlicht, schweres Gerät zum Grenzschutz an den Brenner zu verfrachten.

Die österreichische Politik kann die Finger nicht davon lassen: Wenn es gerade kein Flüchtlingsproblem gibt, dann inszeniert sie eines; und wenn es auch dann keines wird, dann widmet sie sich eben einem neuen. Wobei nicht zuletzt Boulevardblätter mitspielen.

Die Krone bemüht diesen Montag „Nachrichtendienste“, um zu warnen: „Neue große Asylwelle ist bereits im Anrollen!“ Das ist möglich oder auch nicht. Die jüngere Vergangenheit stärkt die Glaubwürdigkeit solcher Nachrichten nicht: Über das Mittelmeer sind heuer bisher halb so viele Flüchtlinge nach Italien gekommen wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Bekanntgeworden ist das, nachdem Doskozil, aber auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz in Erwartung einer Riesenwelle eben die Schutzmaßnahmen auf dem Brenner angekündigt hatten. Was ihr Vorgehen im Nachhinein zumindest zweifelhaft gemacht hat.

Ein anderes Beispiel: Großes Thema der Flüchtlingspolitik war irgendwann einmal die sogenannte Obergrenze. Sie erinnern sich noch? Nein? Kein Wunder: Zuletzt hat die ÖVP im Jänner eine Halbierung gefordert. Man müsse hier eine „harsche, aber notwendige politische Botschaft“ aussenden, so der damalige Obmann Reinhold Mitterlehner.

Dass bis heute von der Obergrenze weder eine ganze noch eine halbe auf der Agenda übrig geblieben ist, hat gute Gründe: Sie hat sich mehr oder weniger erübrigt: 2015 gab es 88.340 Asylanträge, 2016 waren es mit 42.285 halb so viele und heuer dürften es wieder viel weniger werden; im ersten Halbjahr wurden jedenfalls 12.490 verzeichnet.

Nun wird nicht jeder, der einen Asylantrag einbringt, zu einem Asylverfahren zugelassen. Darum geht es jedoch bei der Obergrenze. Sie beträgt 35.000. Sprich: Heuer wird sie aller Voraussicht nach weit unterschritten werden und eher nur zur Hälfte erreicht werden.

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