ANALYSE. Der Verteidigungsminister erobert die „Sicherheitskompetenz“ für die Sozialdemokratie zurück. Ganz besonders mit der Eurofighter-Geschichte. Bei Nationalratswahlen kann das entscheidend werden.
Ob Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern den burgenländischen Polizeichef in die Regierung geholt hätte, ist fraglich, irgendwie aber auch müßig. Sein Vorgänger Werner Faymann hat es getan – und dafür muss ihm Kern heute dankbar sein. Rein strategisch gesehen. Doskozil ist zwar nicht Innen-, sondern nur Verteidigungsminister, damit schafft er es aber, die wichtige „Sicherheitskompetenz“ für seine Partei zurückzuerobern.
So etwas kann schon ganz grundsätzlich nicht hoch genug eingeschätzt werden: In Zeiten wie diesen ist „Sicherheit“ im Allgemeinen nach Ansicht vieler Menschen das größte Problem. Wobei ein Stück weit auch der Vorwurf mitschwingt, die Politik habe versagt. Was letzten Endes auch eine Erklärung dafür ist, dass die Freiheitlichen unter Heinz-Christian Strache und Co. nicht viel mehr tun mussten, als jeden Tag aufs Neue einen „Grenzen zu“- und „Law & Order“-Kurs einzufordern, um bei Landtagswahlen und darüber hinaus in den letzten zwei, drei Jahren zumindest in Umfragen abzuheben.
Der Bundeskanzler hätte das allein wohl kaum ändern können. Dafür braucht er schon einen Mann fürs Grobe, Verteidigungsminister Doskozil also. Überwachungsmaßnahmen, wie es sie wohl auch unter Blau-Schwarz geben würde, kann dieser mit dem Koalitionspartner mit links ausverhandeln; verstärkte Grenzkontrollen zu EU-Nachbarländern wie der Slowakei einfordern ebenfalls.
Eine Folge davon: Doskozil zählt zu den Regierungsmitgliedern, die die Österreicher am meisten schätzen. An den Spitzenreiter, Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP), kommt er zwar noch bei weitem nicht heran. Während dieser im APA/OGM-Vertrauensindex in den letzten Monaten eher verloren hat, hat er aber kontinuierlich zugelegt. Ergebnis: Der Abstand ist um ein Drittel kleiner geworden (siehe Grafik).
Die Freiheitlichen hat Doskozil schon mehr oder weniger schmähstad gemacht. Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer attestierte ihm bereits im vergangenen Herbst, wie Kurz und Innenminister Wolfgang Sobotka (beide ÖVP) einen „guten Job“ zu machen. Und Strache überlegt es sich besser zwei, wenn nicht gar drei Mal, was er über den Burgenländer sagt; zu anerkannt ist dieser auch in seiner Wählerschaft.
Genau das ist Doskozils Job: Kern helfen, möglichst viele dieser FPÖ-Wähler zurückzuholen.
Genau das ist Doskozils Job: Kern helfen, möglichst viele dieser Wähler zurückzuholen. Womit noch eine andere Aufgabe verbunden ist: Kurz, der dies ebenfalls tun muss, wenn er als (wahrscheinlicher) ÖVP-Spitzenkandidat erfolgreich sein will, Konkurrenz machen. Und was das betrifft, hat Doskozil die Schlagzahl soeben dramatisch erhöht: Mit der „Eurofighter“-Geschichte rollt er eine schwarz-baue Vergangenheit auf, die die Sicherheitskompetenz besonders von FPÖ und ÖVP, die dafür verantwortlich zeichneten, in einen bedenklichen Graubereich rückt und seine eigene als vermeintlicher Aufdecker nur noch weiter erhöht. Wobei er allfällige Kollateralschäden, wie eine Mitverantwortung von Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ), ganz offensichtlich gerne in Kauf nimmt – zu viel ist insgesamt zu gewinnen.