Burgenland ist nicht egal

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ANALYSE. Die Bundes-SPÖ hat ein Problem mit Doskozil und dessen Landesorganisation. Rendi-Wagner hilft es, sich zu profilieren. Das allein bringt ihr jedoch zu wenig.

Was ist schon das Burgenland? Bundesweit schaffte die SPÖ bei der letzten Nationalratswahl (nur noch) eine Million Stimmen, wobei drei Viertel aus Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark kamen. Das Burgenland fiel ebenso wenig ins Gewicht wie Tirol, Salzburg, geschweige denn Vorarlberg. Verzichtbar ist es für die Partei jedoch nicht. Zum einen ist sie im Burgenland in Relation zur dortigen Bevölkerung sehr stark und stellt auch den Landeshauptmann (was sie sonst nur in Wien und Kärnten tut). Zum anderen geht es letztlich um viel mehr, nämlich darum, ob oder wie es der Sozialdemokratie insgesamt gelingen kann, im ländlichen Raum zu punkten.

Die Konflikte haben sich zuletzt zugespitzt zwischen SPÖ-Bundesvorsitzender Pamela Rendi-Wagner und dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Vereinfacht ausgedrückt ist die strategische Ausrichtung ziemlich einfach für ihn: Neben der SPÖ darf nicht zu viel Platz bleiben für eine populistische Partei. Daher lässt er Freiheitlichen wenig Spielraum, wenn es um Sicherheit, Flucht und Migration geht. Oder auch Soziales.

Oder zunehmend auch die Pandemie. Dass er die Einführung einer Impfpflicht per 1. Februar auf einer LH-Konferenz am Achensee im vergangenen Herbst mitbeschlossen hat, hindert ihn nicht daran, sie in der Form zu „überdenken“, wie sie nun schon länger als Begutachtungsentwurf in der Pipeline liegt und auch von der Bundes-SPÖ akzeptiert wird. Doskozil befürchtet wohl, dass die Umsetzung mehr und mehr zu einer Katastrophe werden könnte für alle, die dahinterstehen – und dass die FPÖ von Herbert Kickl am Ende nur gewinnen wird.

Unabhängig davon hat Pamela Rendi-Wagner vor einigen Monaten begonnen, unverblümt zu sagen, was sie vom Burgenländer und dessen Verhaltenswesen hält. Dass er unlängst einem Klausurtreffen von Parteigranden ferngeblieben ist, bezeichnet sie als „unsolidarisch“. Damit erntet sie Applaus bei vielen, die Doskozil ablehnen; in der Partei und darüber hinaus. Man kann sogar sagen, dass ihr der Burgenländer insofern nützlich ist, als er ihr hilft, sich ein Profil zu erarbeiten und gerne auch Härte zu demonstrieren.

Die Ablehnung des Doskozil-Kurses ist eine Botschaft: Im Unterschied zur (türkisen) ÖVP hat die Bundes-SPÖ nicht vor, als bessere FPÖ zu punkten. Allerdings kann das nicht alles sein. Will die Partei von sich aus erfolgreich werden, muss sie über ein eigenes Angebot verfügen, das zum Beispiel auf das Ziel ausgerichtet ist, eine rot-grün-pinke Mehrheit zu erlangen.

Das ist insofern ein gutes Beispiel, als selbst eine solche Mehrheit nicht nur fulminante Wahlergebnisse in der Urbanität von Wien, Linz oder Innsbruck voraussetzt. Auch in ländlichen Gebieten, vom kleinen Vorarlberg bis zum noch kleineren Burgenland, sind Stimmen erforderlich. Und zwar nicht zu wenige.

Gegen Doskozil erscheint das illusorisch, mit ihm unmöglich. Das ist ein Dilemma, in dem sich die Sozialdemokratie befindet, für das Rendi-Wagner und Genossen letztlich jedoch eine Lösung finden müssen.

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