Betreff „Tiefer Staat“

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ANALYSE. In einer Inseratenaffäre ermittelt die Staatsanwaltschaft unter anderem gegen FPÖ-Chef Kickl. Wie seine Partei reagiert, ist entlarvend.

Der Standort bestimmt den Standpunkt: In den vergangenen Jahren haben Freiheitliche Ermittlungsschritte gegen Türkise ausgiebig kommentiert. „Die Luft für die im Korruptionssumpf versinkende ÖVP wird immer dünner“, meinte Generalsekretär Christian Hafenecker zum Beispiel. Es ging um eine Inseratenaffäre. Umgekehrt sah der ÖVP-Abgeordnete Andreas Hanger schon einmal „linke Zellen“ in der „Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft“ (WKStA).

Jetzt ist bekannt geworden, dass die WKStA wegen des Verdachts der Inseratenkorruption gegen Ex-FPÖ-Chef, -Vizekanzler Heinz-Christian Strache und ehemalige Minister – darunter den amtierenden Parteiobmann Herbert Kickl – sowie den damaligen Geschäftsführer der Mediengruppe Österreich, Wolfgang Fellner, ermittelt. In einem Satz: Chats legen nahe, dass sich Strache in Abhängigkeit von der Berichterstattung um Regierungsinserate gekümmert haben könnte. Er und alle Betroffenen weisen dies zurück, es gilt die Unschuldsvermutung.

Unabhängig von dieser Causa war die Inseratenvergabe schon damals nicht nachvollziehbar. dieSubstanz.at hat dies unlängst am Beispiel des Innenministeriums unter Führung von Kickl 2018/19 dokumentiert. Siehe Grafik: Fast eine Million für die Gruppe „Österreich“ etwa und keine 9000 Euro für den reichweitenmäßig gar nicht um so viel kleineren „Standard“. Was sind hier die Kriterien? Es ist was es ist: Schlicht Willkür. Schlimmer: Es gab und gibt keine nachvollziehbaren Kriterien für derlei.

Doch das ist noch nicht einmal der Punkt, um den es hier geht: In den vergangenen Jahren haben Freiheitliche mit Lust Ermittlungsschritte gegen Türkise kommentiert. Jetzt, da sie selbst betroffen sind, orten sie einen „tiefen Staat“ innerhalb der Justiz und meinen damit in einer schriftlichen Mitteilung die Oberstaatsanwaltschaft Wien, wie ORF.AT hier berichtet.

Die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat die WKStA verpflichtet, Ermittlungen einzuleiten, um die Causa nicht verjähren zu lassen. Wie man ihr daraus einen Vorwurf machen kann, ist schleierhaft. Sie als „tiefen Staat“ zu bezeichnen ist vor allem aber noch schlimmer, als in der WKStA linke Zellen zu orten, was aus dem Mund eines Vertreters einer Regierungspartei (Hanger) ohnehin schon unerträglich war.

Der „tiefe Staat“ ist ein Code: Er dient Rechten wie Donald Trump als Vorwand, bestehende Strukturen niederzureißen. Im Kern geht es um den verschwörungstheoretischen Ansatz, wonach es einen Staat im Staat gebe, der gegen Bürgerinnen und Bürger genauso vorgehe wie hierzulande nun angeblich also gegen die FPÖ.

Es passt zusammen mit einem „Volkskanzler“, der bei einem solchen Fall vorgeben würde, im Sinne „des“ Volkes zu agieren und durchgreifen zu müssen. Wie er es beim ORF bereits in Aussicht stellt, indem er ankündigt, ihn zu einem „Grundfunk“ verkommen zu lassen. Oder wie er es nun eben über seine Partei erahnen lässt, die in der Justiz einen „tiefen Staat“ sieht. Wobei es in Wirklichkeit natürlich nicht um ein Volk und auch nicht einen Teil davon geht, sondern allein um Eigeninteressen.

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