Bablers größte Gegner

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ANALYSE. Dass er von Doskozil geschnitten wird, könnte der SPÖ-Vorsitzende wegstecken. Schwerwiegender ist für ihn, dass Wiener Genoss:innen mit Michael Ludwig an der Spitze seinen Zugang zur Politik durchkreuzen.

Einem selbstbewussten Linken kann Schlimmeres passieren, als den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil zu seinem Gegner zu haben. Das ist eher sogar dazu angetan, sein Profil zu stärken. Schwerwiegender ist für Andreas Babler die Wiener SPÖ im Großen und Ganzen. In ihren Reihen gibt es zwar viele Genossinnen und Genossen, die begeistert sind von ihm und die seinen Zugang zur Politik auch mittragen. Zu viele aber durchkreuzen diesen.

In Bezug auf die Schreibergartenfreund:innen um den Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy, der mit dem Vorwurf konfrontiert ist, ein Grundstück günstig, aber mit dem Insiderwissen einer Wertsteigerung durch eine kurz darauf dann wirklich erfolgte Umwidmung gekauft zu haben, musste Babler nun einschreiten. Zumal es hier nicht nur um Nevrivy geht (die „Wiener Zeitung“ schreibt von einem „roten Cluster“, weil in der selben Siedlung unter anderem auch „eine Wiener Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin, eine stellvertretende Bezirksvorsteherin und eine Nationalratsabgeordnete“ anzutreffen seien).

Und zumal das alles dazu angetan ist, zusammenzuhauen, was der Traiskirchner Bürgermeister in der Bundespolitik verkörpern möchte – wie er am Wochenende in einer Aussendung mehr oder weniger selbst festhielt: „Als SPÖ-Chef mache ich Politik für diejenigen, die es sich nicht richten können – weder durch ihre Millionen am Konto, noch durch ihre politischen Kontakte. Entsprechend diesem Grundsatz kann und werde ich es nicht dulden, wenn in den eigenen Reihen der Eindruck entsteht, dass genau das passiert.“ Sollte sich herausstellen, „dass an den Vorwürfen der persönlichen Bereicherung durch Insiderwissen oder die Beeinflussung von Verfahren etwas dran ist“, werde es Konsequenzen geben müssen.

Das mag ein Unterschied sein zur ÖVP und ihrem Umgang mit der Affäre Alfred Riedl. Ein solcher ist es vor allem aber auch insofern, als Babler mit anderen Maßstäben antritt: Er ringt um das Vertrauen der Menschen, die es sich nicht richten können; um eine Masse, die kaum über die Runden kommt. Da muss er hier durchgreifen. Sonst ist er politisch erledigt.

Schlimmer für ihn: Es handelt sich nur um ein Problem, mit dem er aus den Reihen der Wiener SPÖ konfrontiert ist. Ist es gelöst, bleiben weitere. Beispiel: Michael Ludwig steht für herkömmliche Machtpolitik. Machtpolitik, die sich die Dinge gerne auch mit Inseratenmillionen organisiert. So ist im ersten Halbjahr 2023 mit rund 820.000 Euro fast ein Viertel aller öffentlichen Werbegelder, die laut Medientransparenzdatenbank an die Mediengruppe „Österreich“ geflossen sind, allein von der Stadt Wien gekommen. Rechnet man ihre Beteiligungsunternehmen dazu, kommt man auf mehr als eine Million Euro und damit gut ein Drittel der knapp 3,4 Millionen Euro. Womit man sieht: Im Sinne der Steuerzahler:innen auf das Notwendige reduzierte Öffentlichkeitsarbeit, geschweige denn vernünftige Medienförderung oder Demokratiepflege, sind keine Kriterien.

Durch Inserate werde Macht organisiert, hat Babler – wie hier berichtet – einmal gesagt. Es war kritisch-ablehnend gemeint. Einer Änderung steht nicht zuletzt jedoch Ludwig mit diesem System aus Werner Faymann-Zeiten entgegen.

Alles? Nein. Ludwig hat bisher keine glückliche Hand darin bewiesen, Leute aus der Klimabewegung für die SPÖ zu gewinnen. Im Gegenteil. Siehe seinen Umgang mit Lobaubesetzer:innen. Eine schwierige Geschichte, keine Frage. Allerdings: Man könnte darauf wetten, dass in dieser Bewegung junge Frauen und Männer tätig sind, die prominente Politiker:innen von morgen sind. Der FPÖ oder der türkisen ÖVP kann das schnurzegal sein. Nicht aber einer Partei wie der SPÖ. Ludwig hat jedoch keinen Weg gefunden, hier auch nur irgendeine Brücke zu schlagen. Babler, der versucht, die Klimabewegung zu umwerben, kann daher nur hoffen, dass der Lobautunnel nie gebaut wird. Sonst kann er das abhaken.

Es gibt so viel zu klären für Ludwig und Babler. Beziehungsweise für Babler mit Ludwig: Er muss ihn auch noch bezüglich Basisdemokratie umstimmen. Als Mann der Basis muss er, Babler, den Wiener Bürgermeister erst dazu bringen, dass Bundesparteivorsitzende und allfällige Regierungsbeteiligungen künftig allen Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt werden. Er braucht derlei, um seine Anhänger, die am ehesten bereit sind, für ihn zu rennen, bei Laune zu halten. Es ist eine Voraussetzung dafür, dass er eine Nationalratswahlkampagne zusammenbringen kann, die ihm entspricht.

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