Babler bleibt Babler

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ANALYSE. Auch im neuen Jahr lässt sich der SPÖ-Chef mit Fragen aufhalten, bei denen es letztlich nur um die Befindlichkeit der Partei geht – und die kaum Stimmen bringen.

Im schlimmsten Fall befindet sich Andreas Babler als SPÖ-Vorsitzender quasi schon in der zweiten Halbzeit, ohne dem Ziel nähergekommen zu sein. Seit mehr als sechs Monaten ist er im Amt. In weniger als sechs Monaten findet die EU-Wahl statt. Sie wird wichtig für ihn: Wenn, sagen wir, die FPÖ abräumt und seine Partei nicht groß gewinnt, ist das ein Zeichen dafür, dass es keine breite Bewegung zu ihren Gunsten gibt. Wird es schwer werden, das in den verbleibenden Sommermonaten bis zur Nationalratswahl umzudrehen. Dann kann Babler nicht triumphieren, was einer Niederlage gleichkommen wird. Ganz egal, ob sie über dem historisch schlechtesten Ergebnis aus dem Jahr 2019 bleiben wird oder nicht.

Das „ZIB 2“-Interview mit dem SPÖ-Vorsitzenden am Montagabend war bezeichnend für die Lage. Babler ließ sich mit Fragen zu Alfred Gusenbauer, Andreas Kollross und Georg Dornauer aufhalten; also mit Hinweisen auf einen Genossen, der als langjähriger Aufsichtsratsvorsitzender bei René Benko im Insolvenzverfahren mehr als sechs Millionen Euro an Beratungshonoraren eingeklagt hat, einem Genossen, der einen geschmacklosen Vergewaltigungswitz gemacht hat und einem Genossen, der kritisiert, dass die SPÖ einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gegen die ÖVP mitinitiiert hat.

Es lag nicht nur an den Fragen von Armin Wolf, dass derlei gefühlt im Zentrum des Gesprächs stand. Es hat schon auch mit den Antworten zu tun. Zu Gusenbauer hat Babler auch nach mehr als einem Monat nicht einmal eine defensive. Auf die Frage, wie man das alles einem Sozialdemokraten erkläre, sagte er laut ORF-Transkript wörtlich: „Ja, das ist fast nicht zu erklären, schmerzt mich genauso, kannst Du nur moralisch verurteilen, das habe ich gemacht in jeder medialen Reaktion von mir, ist natürlich schwer zu erklären, wie jemand solche Beratungssummen kriegt und was dann eigentlich die Leistung für das ist.“

Wenn man keine Antwort auf eine Frage hat, ist es besser, keine zu geben oder das Thema zu wechseln. Das ist politisch durchaus üblich und sollte in Zeiten, in denen sehr viele Menschen größere Probleme wahrnehmen, keine Kunst sein.

Bablers Problem ist jedoch ein doppeltes: Einerseits trägt er dazu bei, dass ihm Themen wie Benko/Gusenbauer erhalten bleiben. So wie er redet, müsste er zu einem Parteiausschluss schreiten. Das tut er jedoch nicht. Es sei Gusenbauer unbenommen, weiterhin 78 Euro Mitgliedsbeitrag zu zahlen – „aber schlimmer wäre es, wenn man draufkommen würde jetzt im Zuge der ganzen Aufarbeitung dieser Benko- oder Regierungsverflechtungen mit einem Elf-Milliarden-Euro-Skandal, dass man da vielleicht Verantwortung oder Mitverantwortung trägt, und wenn diese strafrechtlich irgendwann einmal zur Diskussion steht, wird man das anders bewerten.“ Kann nur heißen: Dann soll es vielleicht zu einem Ausschlussverfahren kommen. Das letzte Wort ist jedenfalls noch nicht gesprochen.

Andererseits fehlt Babler eine Erzählung, die bisherige Nicht-SPÖ-Wähler in nennenswerter Zahl dazu bewegen könnte, SPÖ-Wähler zu werden. „Erzählung“ steht für eine fassbare Perspektive, die Menschen davon überzeugt, dass eine gute Zukunft für sie persönlich möglich ist; darum geht es in der Politik. Eine Erbschaftssteuer zählt nicht unmittelbar dazu. Eine 32-Stunden-Arbeitswoche in Zeiten der Teuerungskrise auch nicht unbedingt.

Pflichtteil einer Erzählung des Vertreters einer Partei, die den Anspruch hat, ein Land zu führen, wäre im Übrigen grundsätzliches, das über Soziales (und Wirtschaftliches) hinausgeht: Wie halten wir es mit Weltoffenheit und Europa? Wie mit Kunst, Kultur und Medien? Wie mit Wissenschaftlichkeit? Wie mit Demokratie? Wie mit Sicherheits- und Verteidigungspolitik? Immerhin: Babler hat im Dezember zu derlei etwas in Aussicht gestellt. Kluge Köpfe sollen sich damit auseinandersetzen. Die Zeit wird jedoch knapp, die EU-Wahl findet am 9. Juni statt. Und bis dahin müssen die Ergebnisse auch so eingängig formuliert werden, dass sie ankommen. Das wird vielleicht sogar die größte Herausforderung.

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