Auf Kosten der vierten Gewalt

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ANALYSE. Populistische Politiker können sich selbst gar nicht genug Nulllohnrunden verordnen und beim „Staatsfunk“ sparen. Über die – in Relation – unverschämte Parteienfinanzierung reden sie nicht.

Es muss gespart werden. Die erste Maßnahme, die bereits fix ist: Für Politiker auf Bundesebene gibt es eine Nulllohnrunde. In sehr vielen Ländern weicht man davon ab. Interessanterweise auch in solchen, in denen Freiheitliche mitregieren, obwohl ihr Bundesparteiobmann Herbert Kickl (FPÖ) eine flächendeckende Nulllohnrunde gefordert hat.

Eine weitere Maßnahme, die sich abzeichnet: Der „Staatsfunk“ soll „billiger“ werden, so die „Kronen Zeitung“. Gemeint ist nicht, dass sich der ORF auf ihr Niveau begeben soll, sondern dass er weniger Geld zur Verfügung haben soll in Zukunft. Das entspreche, so das Blatt, einer Forderung ihrer Wahlkampfinitiative „Stimme Österreichs“. Dabei hat sie transportiert, was das Volk angeblich will; zum Beispiel, dass der ORF „nicht mehr so viel kosten“ solle.

Ausgerechnet der Boulevard scheut sich nicht, eine Schwächung des ORF zu fordern. Für ihn selbst gibt es zwar keine Haushaltsabgabe, die er im Einklang mit der FPÖ schon einmal als „Zwangsabgabe“ bezeichnet, er lebt aber nicht schlecht von öffentlichen Inseraten.

Man könnte meinen, nicht nur Freiheitliche hätten hier ihre Freude, dass ein Teil der Medien gegen ein zentrales Medium vorgeht: Es sind ja andere, die zurzeit Regierungsverhandlungen führen. Die Kürzung der Mittel für den ORF wird da vor allem Türkisen zugeschrieben.

Zweifellos notwendig wäre eine massive Erhöhung der Journalismusförderung. Ob es sich nun um Journalismus handelt, der im öffentlich-rechtlichen oder im privaten Rahmen gemacht wird. Der eine wie der andere ist unerlässlich für das Funktionieren der Demokratie.

Journalismusförderung darf jedoch nicht verwechselt werden mit Inseratenwillkür, wie es der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) offenbar tut, ist er nach pinken Rufen, zumindest weniger auf diese Schiene zu setzen, doch gleich ins Fernsehen gegangen, um quasi vor einer Gefährdung des Medienstandortes Wien zu warnen.

Das alles verheißt nichts Gutes. Zumal es noch schlimmer kommt: Über die Höhe der Parteienförderung, ja auch über ihre jährliche automatische Anpassung redet nicht einmal Herbert Kickl. Sie scheint ihm zu gefallen. Kein Wunder: Starke Parteien und schwache Medien sind für einen, der sich schon als „Volkskanzler“ sieht und der zugleich Chef der bereits auf Bundesebene und in der Steiermark stärksten Partei ist, ein Traum.

Tatsächlich ist hier etwas vollkommen aus dem Gleichgewicht geraten: Parteien schwimmen im Geld. Nein, hier spricht nicht Neid. Hier geht es darum, dass mehr und mehr Medien zugleich existenziell gefährdet sind und immer wieder auch welche eingestellt werden müssen. Das ist das Problem.

Summiert man die Einnahmen, die Parteien auf allen Ebenen in ihren Rechenschaftsberichten 2022 ausweisen (das sind die aktuellsten, die vorliegen) kommt man auf 306,4 Millionen Euro. Fast die Hälfte davon (148,9 Millionen) entfällt auf die ÖVP. Dabei kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Einnahmen doppelt gezählt werden; es kann aber auch nicht behauptet werden, weil das auf Basis der zum Teil nur sehr allgemeinen Angaben nicht möglich ist. Wie auch immer: Allein die hier veröffentlichen Förderungen, die die Parteien erhalten, machen 164,8 Millionen Euro aus. Laut APA dürften es in Wirklichkeit über 200 Millionen sein. Die Differenz ergibt sich ebenfalls daraus, dass nicht für alle Ebenen Förderungen angegeben werden müssen.

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Und weil wir schon beim Thema sind: Die Verteilung der Einnahmen innerhalb der Parteien sagt einiges über die Machtverhältnisse aus: Bei der ÖVP entfallen nur 12,7 der 148,9 Millionen Euro auf die Bundesorganisation. Die niederösterreichische Landesorganisation unter Führung von Johanna Mikl-Leitner kommt auf über 17, der Wirtschaftsbund (ohne Bezirks- und Gemeindeorganisationen) auf über 27 Millionen Euro.

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Bei der SPÖ (Gesamteinnahmen: 87,7 Millionen Euro) gibt es wie bei allen übrigen Parteien ausschließlich eine territoriale Gliederung. Während die Bundesorganisation Einnahmen in Höhe von zwölf Millionen Euro verzeichnet, handelt es sich bei der Wiener Landesorganisation (ohne Bezirksorganisationen und Sektionen) um über 17 Millionen.

Was tun? Ist die Parteienfinanzierung radikal zu kürzen? Stopp: Sie gehört genauer unter die Lupe genommen. Was vielleicht einfacher wird, wenn neue Transparenzbestimmungen in Kraft treten. Wesentlich wäre es jedoch, auf das erwähnte (Kräfte-)Gleichgewicht zwischen Parteien und Medien zu achten.

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