ANALYE. Die Causa Schmid verdeutlicht, dass Karl Nehammer auf erste Worte schneller Maßnahmen folgen lassen muss, will er die türkise Vergangenheit überwinden.
Die ÖVP mag sich unter Karl Nehammer eher wieder schwarz geben, wird jedoch von der türkisen Vergangenheit eingeholt. Jetzt hat der „Falter“ berichtet, dass Sebastian Kurz-Unterstützer Siegfried Wolf Steuerschulden in Höhe von fast 630.000 Euro erlassen worden sein sollen. Die Fachaufsicht des Finanzministeriums habe sich dagegen ausgesprochen, die Maßnahme sei jedoch im „Einvernehmen mit dem Herrn Generalsekretär“ erfolgt. Also mit Thomas Schmid.
Man kann davon ausgehen, dass noch viele solche Geschichten ans Licht kommen in den nächsten Wochen und Monaten. Und zwar über den Untersuchungsausschuss, der sich ÖVP-Affären widmet. Sprich: Im Zentrum steht die ÖVP, ob sie nun wieder schwarz sein möchte oder nicht. Es bleibt die Volkspartei, die ja selbst auch im Visier der Ermittlerinnen und Ermittler steht.
Mit seinen Transparenzversprechen hat Nehammer bereits Besserung in Aussicht gestellt. Das ist jedoch unzureichend. Auf die Taten kommt es an. Zumindest eine ist auch schon gesetzt: Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat einen Bericht der Internen Revision seines Hauses über Inserate und Umfragen präsentiert, die unter seinen Vorgängern Hans-Jörg Schelling, Hartwig Löger und Gernot Blümel in Auftrag gegeben wurden. Zusammenfassend gesagt willkürlich und ohne Rücksicht auf Steuergeld.
Im Grunde genommen ist das jedoch nicht ungefährlich für Nehammer: Sozialdemokraten und Neos haben schon Recht, wenn sie vergleichbare Untersuchungen in allen Ressorts verlangen. Wie hier ausgeführt, ist die Inseratenvergabe, die unter Nahmmer als Innenminister erfolgte, sachlich ebenfalls nicht nachvollziehbar. Es handelte sich eher nur um eine große Boulevardförderung, von der insbesondere „Österreich – oe24“ profitierte; in Relation zu den Leserinnen und Lesern ganze 100 Mal stärker als etwa der „Standard“.
Das leitet über zum größeren Handlungsbedarf für Nehammer: Zum Verhängnis werden kann ihm die Vergangenheit nur dann weniger bis gar nicht, wenn er für eine bessere Zukunft sorgt. Diesbezüglich könnte er sogar schon fast fertige Vorlagen präsentieren und – im wahrsten Sinne des Wortes – gleich umsetzen.
Erstens: Zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses bzw. Einführung einer Informationsfreiheit laufen schon jahrelang Vorbereitungen. Es gab eher nur Versuche, die Sache in die Länge zu ziehen und zu verwässern, damit am Ende allenfalls nur eine Informationsfreiheit mit so viele Einschränkungen steht, dass es de facto zu einem strengeren Amtsgeheimnis kommen würde. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat sich darum gekümmert. Nehammer könnte das überwinden und mit einem großen Wurf einen Befreiungsschlag auch in eigener Sache setzen.
Zweitens: Zur Parteienfinanzierung hat der Rechnungshof dankenswerterweise einen fixfertigen Gesetzesentwurf erstellt. Nicht zuletzt auch für die ÖVP mag er schmerzlich sein, müssten doch auch Verbindlichkeiten offengelegt werden. Das aber müsste Nehammer, selbst ehemalige Parteisekretär unter Kurz, egal sein. Sonst hätte er ein größeres Problem.
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