Absolut Kurz

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ANALYSE. Der 33-Jährige präsentiert sich in der Krise als alternativloser Kanzler aller Österreicher.

Nur ein paar Minuten hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zum Republiksjubiläum geredet, die Formulierungen waren wieder einmal geschliffen und die Message klar: Kurz will nicht mehr der polarisierende, sondern der Regierungschef aller Staatsbürger sein. In diesem Sinne erinnerte er nicht nur an „den Vordenker Alois Mock“ (ÖVP), sondern auch an „große Gestalter wie Bruno Kreisky“ (SPÖ). Ja, auch Sozialdemokraten durften sich wertgeschätzt fühlen. Sebastian Kurz will alles daran setzen, dass Österreich bald wieder zu alter Stärke zurückkehrt. Wobei er genau genommen von einem „Comeback“ zu „so viel Normalität wie möglich“ spricht.

Das „Wie“ ist bemerkenswert: Es komme auf jeden Einzelnen an. Eigenverantwortung sei mehr denn je gefragt. Also Abstand halten, auf Hygiene achten etc. Gefordert seien diesbezüglich wirklich „alle gemeinsam als Team Österreich“.

Dieses Team Österreich ist keine Partei. Eher eine Bewegung, die das Coronavirus bekämpfen und den wirtschaftlichen Wiederaufbau einleiten will. Zugleich ist es aber natürlich auch allein schon von daher hochpolitisch, als Sebastian Kurz an seiner Spitze steht.

Unter diesen Umständen muss man jetzt nicht darüber schreiben, was das für die Grünen heißt. Oder die Oppositionsparteien: Sie sind entweder bereit, sich dem „Team Österreich“ anzuschließen oder setzen sich automatisch dem Vorwurf aus, gegen das Notwendige zu sein. Bei der ÖVP ist die Sache klar – sie hat sich ohnehin schon ganz Kurz untergeordnet und wechselt Farbe und Bezeichnung, wenn er es wünscht; sie steht in jedem Fall bedingungslos hinter ihm.

Im Unterschied zur deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sorgt sich Kurz weniger um die Demokratie in Zeiten der Krise. Sagt sie, dass die Pandemie eine demokratische Zumutung sei, erklärt er nebenbei in einem Satz, dass Wohlstand, Demokratie und Rechtsstaat stark, ganz offensichtlich aber nicht unverwundbar seien. Das klingt komisch: Dass der Wohlstand auf schwachen Beinen steht: Ja, klar. Aber auch Demokratie und Rechtsstaat? Zum Rechtsstaat hat Kurz bei anderer Gelegenheit schon betont, dass man jetzt nicht mit juristischen Überinterpretationen daherkommen solle. Zur Demokratie hat er bisher indirekte Signale, wie seinen Umgang mit dem Parlamentarismus und eben sein Team Österreich gesetzt. Sie bringen auch sehr viel zum Ausdruck.

Das Kurz’sche Team Österreich gibt sich alternativlos. Es auch nur hinterfragen zu lassen, ist angesichts der Pandemie und der Gefahren, die damit einhergehen, nicht vorgesehen. Dabei wären gerade jetzt Kritik und Widerspruch nötig, wie Merkel betont; ja, sie müssten sogar gefördert werden.

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