Warum man den Ärzten dankbar sein muss

ANALYSE. Es lohnt sich wirklich, sich eingehender mit dem österreichischen Gesundheitssystem auseinanderzusetzen. Zu vieles liegt im Argen.

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ANALYSE. Es lohnt sich wirklich, sich eingehender mit dem österreichischen Gesundheitssystem auseinanderzusetzen. Zu vieles liegt im Argen.

Und wieder droht die Wiener Ärztekammer mit einem Streik. Diesmal richtet sich ihr Unmut im Allgemeinen gegen Pläne, die Bund und Länder im Rahmen des Finanzausgleichs vereinbart haben: Die Gesundheitsausgaben sollen, vereinfacht ausgedrückt, in den nächsten Jahren nicht drei-, sondern „nur“ zweimal stärker steigen als die Wirtschaftsleistung. Im Besonderen geht es den Standesvertretern allerdings darum, sogenannte Gesundheitszentren zu verhindern; dort könnten Mediziner außerhalb ihres Einflussbereiches tätig werden – was auf eine Schwächung der Kammer hinauslaufen würde.

Dass die Ärztekammer dagegen Sturm läuft, sorgt dafür, dass sich das Thema Gesundheitsreform nicht mit dem Beschluss einer Bund-Länder-Vereinbarung erledigt hat. Dafür muss man ihr in zweifacher Hinsicht dankbar sein:

Erstens bietet es eine weitere Gelegenheit, über das Kammerwesen in Österreich zu diskutieren: Dass sich Interessenvertretung auch im 21. Jahrhundert auf eine Pflichtmitgliedschaft stützt, ist ebenso ein Unding wie die Tatsache, dass sie selbst gleich auch hoheitliche Aufgaben erfüllt; Beispiele, die auf der Website der Ärztekammer angeführt sind: „Verleihung der Berechtigung zur unselbstständigen sowie zur selbstständigen und eigenverantwortlichen ärztlichen Berufsausübung; Durchführung der Arztprüfung als Voraussetzung für die ärztliche Berufsausübung; Erlassung von Verordnungen betreffend die medizinischen Sonderfächer und ihrer Lehr- und Lernzielkataloge“. Sprich: Die Insitution, die die Interessen ihrer Mitglieder vertritt, darf auch regeln, wer neu dazustoßen darf. Eine Unvereinbarkeit? Eindeutig. 

Zweitens muss wirklich einmal ernsthaft über die Gesundheitskosen diskutiert werden: 2014 betrugen die staatlichen Aufwendungen laut „Statistik Austria“ 25,6 Milliarden Euro. Damit sind sie in den letzten Jahren nicht nur absolut, sondern auch gemessen an der Wirtschaftsleistung stark gestiegen. Kein Wunder: Kaum ein Industrieland hat ein so dichtes Versorgungsnetz, so gut wie keines verfügt über so viele Spitalbetten gemessen an der Bevölkerung. Wobei das wenig verwundert, ist das Gesundheitswesen in Österreich im Wesentlichen doch in den Händen von zwölf Trägern: dem Bund, den neun Ländern, den Sozialversicherungen und der Ärztekammer. Große Änderungen macht das schier unmöglich.

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