ANALYSE. Die Länderchefs wollen sich nicht dreinreden lassen. Also müssen sie gemeinsam Verantwortung tragen.
So mächtig Landeshauptleute sind, so eigenartig ist ihre Stellung im Staatsgefüge: Ihre Bezüge werden vom Bundeskanzleramt überwiesen; 2016 sind allein dafür 2,07 Millionen Euro vorgesehen. Das meiste Geld für die Länder zweigt der Finanzminister überhaupt von den Steuern ab, die der Bund eintreibt. Die Landeshauptleute selbst sind zum Teil weisungsgebundene Organe der Bundesverwaltung. Und doch haben sie zuletzt etwa verhindern könnten, dass ihnen der Finanzminister ein einheitliches Haushaltsrecht diktiert; da wollen sie sich nicht dreinreden lassen.
All die Widersprüche ließen sich mit der Realverfassung und ihren „Artikeln“ erklären. Sie ist es schließlich, die die Landeshauptleute zu den einflussreichsten Männern der Republik macht. Doch kann eine Realverfassung maßgebend sein? Natürlich nicht.
Daher braucht Österreich eine Verfassung, die den Verhältnissen gerecht wird. Und damit ist kein Freibrief für Landeshauptleute gemeint. Im Gegenteil: Wollen sie Freiheit, müssen sie auch Verantwortung tragen und zur Verantwortung gezogen werden können.
Ein Hebel dazu wäre eine Bundesratsreform. Womit nebenbei zwei Probleme gelöst werden würden: Dass der bestehende schon allein aufgrund seiner Zusammensetzung bedeutungslos ist; und dass die im verfassungsfreien Raum existierende Landeshauptleute-Konferenz auf eine ordentliche Grundlage gehoben werden würde. Kurz: Allein die neun Landeshauptleute sollten den Bundesrat bilden und sich nach dem Vorbild der deutschen Länderkammer an Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes beteiligen.
Einwände, dadurch würde es zu einer Unvereinbarkeit kommen, weil Landeshauptleute als Exekutiv- auch noch zu Legislativorganen erklärt werden würden, sind ernstzunehmen. Aber schon die bestehende Verfassung ließe eine solche Doppelrolle zu; der Steirer Josef Krainer sen. war 1965 bis 1968 selbst Landeshauptmann und Bundesratsmitglied.
Überwiegen würde bei einer solchen Reform jedenfalls der Aspekt, dass die Landeshauptleute ihr Schattendasein in maßgeblichen Fragen aufgeben dürften und sich auf offener Bühne an Entscheidungen beteiligen könnten. Was sie nebenbei auch demokratiepolitisch stärken würde; erhielten sie doch eine neue Legitimationsgrundalge.