ZAHLEN ZUM TAG. Wie begrenzt der Einfluss der Bundesorganisationen ist, unterstreichen die Abhängigkeitsverhältnisse der Nationalratsabgeordneten.
Bei der Mindestsicherung kommt Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) nicht weiter; beim Finanzausgleich muss sich Hans-Jörg Schelling (ÖVP) als zuständiger Ressortchef mit Teilerfolgen begnügen; in der Frage der Schulverwaltung steht auch Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) an – gegen die Länder können sie sich alle nicht so durchsetzen, wie sie es gerne täten. Von einer Machtbalance zu sprechen, wäre übertrieben. Es ist viel eher so, dass die Länder bestimmen.
Die Verhältnisse kommen sehr schön zum Ausdruck, wenn man sich die Herkunft der Nationalratsabgeordneten anschaut, die Gesetze letzten Endes ja beschließen: Der Einfluss der Bundesebene ist demnach sehr bescheiden. Nur ein Bruchteil der Mandatare kommt über Bundeslisten ins Hohe Haus. Rund 80 Prozent tun das über Landes- bzw. Regionalwahlvorschläge, die in der Praxis unter Führung der jeweiligen Landesparteichefs erstellt werden, die zum Teil auch Landeshauptmänner sind.
Der SPÖ-Nationalratsklub zählt 52 Mitglieder. Die Bundeslistengruppe ist mit sieben nicht einmal die bestimmende: Wien (zehn), Niederösterreich (zehn) und Oberösterreich (acht) sind wesentlich größer. Summa summarum stehen von den 52 immerhin 45 Abgeordnete weniger in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Bundesparteivorsitzenden Christian Kern als zu ihrem Landesvorsitzenden.
Bei der ÖVP ist die „Bundesfraktion“ mit zwölf von 50 Abgeordneten deutlich größer. Darunter befinden sich allerdings drei, die ursprünglich über das Team Stronach ins Parlament gekommen waren und dann zur Volkspartei wechselten. Relativ stark sind in ihrem Klub die Niederösterreicher (elf) und die Oberösterreicher (acht) vertreten.