KOMMENTAR. Und wieder warnen die Sozialdemokraten davor, blau zu wählen. Dabei kann ihnen ein starker Strache sogar recht sein.
Wer Strache verhindern will, muss die SPÖ wählen. Sagt die SPÖ. Das ist zwar nicht ganz falsch. Vor allem aber wiederholen Michael Häupl und Genossen damit eine Ansage, mit der sie seit den 1980er Jahren mehr oder weniger erfolgreich wahlkämpfen – und darüber hinwegtäuschen, dass sie selbst zumindest indirekt zu Straches Aufstieg beitragen und letzten Endes auch noch davon profitieren.
In den 80er und 90er Jahren sind die Freiheitlichen von Wahlerfolg zu Wahlerfolg gerast und die Sozialdemokraten von Wahlniederlage zu Wahlniederlage. In den 2000ern war es vorübergehend umgekehrt. Und nun wachsen die Blauen wieder auf Kosten der Roten: Die Grafik, die sich daraus ergibt, ist fast schon beklemmend. Zumal sie die Frage aufzwingt: Warum haben die Sozialdemokraten nie darauf reagiert und wenigstens versucht, gegenzusteuern?
Allein schon, dass sie Wähler ausgerechnet an die Partei verlieren, die sie gerade unter Michael Häupl auf das Schärfste ablehnen, müsste ihnen zu denken geben: 30 Jahre wären wohl genug Zeit, sich zu überlegen, was man tun könnte, um zumindest die eigene Anhängerschaft davon abzuhalten, zum politischen Gegner überzulaufen. Doch nein; es ist nicht dazu gekommen.
Vielleicht, weil die SPÖ kurzfristig von dieser Entwicklung sogar profitiert: Vor jeder Wahl kann sie diejenigen, die noch erreichbar für sie sind, dazu auffordern, „diesmal“ SPÖ zu wählen, damit der Rechtsruck nur ja nicht zu heftig ausfällt. Mobilisierung durch Polarisierung also. Ganz besonders 2015, wo FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegen Flüchtlingshilfe wettert und allen Ernstes erklären kann, er wolle Bürgermeister werden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ihm das gelingt. Was der SPÖ wiederum recht sein kann: Denn nur so kann sie wirkungsvoll appellieren, „diesmal …“