Sozialversicherung wird Schritt für Schritt abgebaut

ANALYSE. Die Regierung stärkt die Entwicklung hin zu einem staatlich geführten Pensions- und Gesundheitssystem. 

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ANALYSE. Die Regierung stärkt die Entwicklung hin zu einem staatlich geführten Pensions- und Gesundheitssystem.

Dafür, dass die Bundesregierung die Sozialversicherung nicht gleich abgeschafft hat, gibt es viele Gründe. Zum einen verfügt sie allein nicht über die nötige Verfassungsmehrheit. Zum anderen werden Arbeitgeber- gegenüber Arbeitnehmervertretern ja immerhin gestärkt – was auf mehr schwarz und weniger rot hinausläuft.

Wenn schon nicht abgeschafft, dann werden wesentliche Elemente der selbstverwalteten Sozialversicherung jedoch abgebaut: Die Beitragsprüfung wandert ans Finanzministerium. Damit hat der Bund die Hand auf der Finanzierung. Die Aufsicht des Bundes über die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter wird ausgeweitet. De facto soll er alle Beschlüsse blockieren können, indem er Einspruch erhebt (Begründung: „Widerspricht Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“); oder indem er Vorhaben überhaupt von der Tagesordnung der Verwaltungskörper streichen lässt. Beides darf er künftig tun. 

Ja, man kann sich ruhig die Frage stellen, was da bleibt von der Sozialversicherung im Allgemeinen bzw. der Pension- und der Krankenversicherung im Besonderen: Beide verkommen zunehmend zu einer Fassade. In der Substanz werden sie immer weniger.

Das läuft auf eine Einheitspension bzw. ein bedingungsloses Grundeinkommen im Alter hinaus. 

Siehe Pensionssystem: ÖVP und FPÖ haben sich vorgenommen, Ausgleichszulagen, die steuerfinanziert sind, extra zu erhöhen. Außerdem setzen sie die Praxis fort, kleine Pensionen stärker zu erhöhen als größere. Was irgendwann naturgemäß auf eine beitragsleistungsunabhängige Einheitspension hinausläuft bzw. auf ein bedingungsloses Grundeinkommen im Alter.

Siehe Gesundheitssystem: Dieses System leidet unter einem Neben- und Gegeneinander von Bund, Ländern, Gemeinden sowie Sozialversicherungen, die schon immer nur ein Player von vielen gewesen sind. Das Gegeneinander bezieht sich darauf, dass naturgemäß jeder Player trachtet, selbst möglichst gut auszusteigen bzw. Lasten auf andere abzuschieben. Das Hin und Her zwischen Spitalsbereich (Länder und Gemeinden) und niedergelassenem Sektor (Sozialversicherungen) ist bezeichnend dafür. Wobei spannend ist, was jetzt kommt: Werden geschwächte Sozialversicherungen in Zukunft den Kürzeren ziehen und noch mehr Lasten abbekommen? Werden ÖGK-Landesstellen zu gesundheitspolitischen Erfüllungsorganen des jeweiligen Landeshauptmannes? Es wird sich weisen.

Bei der Steuerreform sollen auch noch Versicherungsbeiträge gekürzt werden. 

Folgt noch ein Schritt gegen die Sozialversicherungen: Bei der Steuerreform sieht die Regierung keine Möglichkeit mehr, kleine Leute steuerlich zu entlasten. Grund: Sie zahlen ohnehin schon keine Lohn- oder Einkommensteuer mehr. Also sollen die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt werden, wie Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) im Kurier bereits angekündigt hat. Den Sozialversicherungen wird das weniger Einnahmen bescheren – und das wiederum wird ihnen noch weiter zusetzen.

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