Mikl-Leitner wird sich freuen

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ANALYSE. Für die Landeshauptfrau läuft alles nach Plan. Auch die schlechten Umfragewerte passen im Hinblick auf die Landtagswahl im kommenden Frühjahr. Und überhaupt: Niederösterreich ist nicht Tirol.

Nichts ändert sich: Vor der Tiroler Landtagswahl sind Umfragen mit Ergebnissen veröffentlicht worden, bei denen auf Qualität gepfiffen wurde und die denn auch (überwiegend) sicher daneben lagen. Sehr zur Freude der ÖVP, die sich hinterher als Gewinnerin und ihren Spitzenkandidaten Anton Mattle als starken Mann darstellte, weil es gemeinsam gelungen ist, „nur“ knapp zehn Prozentpunkte zu verlieren. Besagte Umfragen hatten den Eindruck erweckt, dass bis zu 20 weniger möglich gewesen wären.

Jetzt wiederholt sich das Ganze. In der Steiermark veröffentlichte der ORF eine OGM-Umfrage, die erstens im Auftrag einer Partei und zweitens ausschließlich online durchgeführt wurde (was in Tirol verhängnisvoll war, weil Ältere so kaum erreicht werden können); und die drittens eine Schwankungsbreite von bis zu 4,5 Prozent aufweist. Worüber die hochgeschätzten Werte und viel mehr noch eine Grafik dazu hinwegtäuschen: Da liegen ÖVP, SPÖ und FPÖ gleichauf bei 24 Prozent.

Was für die Volkspartei auf einen größeren Absturz hinauslaufen würde als in Tirol: 24 Prozent sind um zwölf Prozentpunkte weniger als die 36 Prozent, die die Schwarzen in der grünen Mark bei der Landtagswahl 2019 erreicht haben.

Auch in Niederösterreich könnte man glauben, es drohe der ÖVP von Johanna Mikl-Leitner bei der Landtagswahl Anfang 2023 Schlimmeres als in Tirol: Im Auftrag der konservativen Wochenzeitung NÖN führte das Institut IFDD eine Erhebung durch und kam zum Schluss, dass die Volkspartei nach fast 50 Prozent 2019 aktuell nur 39 Prozent hält. Immerhin: Es wurde auch telefoniert.

Was jedoch nichts daran ändert: Sollen doch alle glauben, dass die Umfragewerte unterirdisch sind. Ha! Mikl-Leitner wird das in keine Depression stürzen, sondern insgeheim sogar freuen: Wahrscheinlicher als vor wenigen Wochen Mattle in Tirol wird sie am Ende des Tages ein Wahlergebnis erzielen, das überraschend gut oder wenig schlecht ausfällt.

Erstens: So lange vor einer Landtagswahl kein wahrnehmbarer Wahlkampf stattfindet, werden Befragte eher Bundespolitisches im Kopf haben. Das ist eine Hypothese. Sie stützt sich auf die Annahme, dass sich Landespolitik erst intensiv in Szene setzen muss, um aufzufallen, wie es Bundespolitik durch flächendeckende Berichterstattung über 365 Tage im Jahr hinweg eigentlich immer tut (freiwillig wie unfreiwillig). In St. Pölten schadet das im Moment der ÖVP.

Zweitens: In Tirol gab es vor allem auch landespolitische Gründe für den Absturz der ÖVP. Stichwort Ischgl, Stichwort „Alles richtig gemacht“, Stichwort Günther Platter, Stichwort dessen kurzfristige Hofübergabe an Anton Mattle und so weiter und so fort. Vergleichbares gibt es in Niederösterreich nicht. Dort besteht auch keine Liste Fritz, die ursprünglich ein Stück weit aus der Volkspartei hervorgegangen ist und dieser ein bisschen wehtut.

Drittens: Über die Proporzregierung auf Landesebene gelingt es Mikl-Leitner, zumindest größere Mitbewerber (SPÖ und FPÖ) so weit zu umarmen, dass sich diese weniger entfalten können. Ihre Idee vom Juli, eine blau-gelbe Strompreisbremse einzuführen, wurde von diesen gerne mitgetragen und -beschlossen.

Viertens: Es gibt in keinem Bundesland eine so straffe Parteiorganisation wie in Niederösterreich. Über Bürgermeister und Bündevertreter reicht sie in jede Siedlung vielschichtig hinein.

Fünftens: Es existiert auf der anderen Seite kaum irgendwo eine so kleine Gegenöffentlichkeit (Opposition, Medien): Die wöchentlich erscheinende NÖN gehört über eine Verlagsgesellschaft Kirche und Raiffeisen, eine Tageszeitung fehlt. Klassische Oppositionsarbeit bleibt Neos und Grünen. Im weiten Land ohne großes urbanes Zentrum und einer ÖVP, die fast alle Lebensbereiche kontrolliert, haben sie jedoch einen extra-schweren Stand.

Sechstens: Mikl-Leitner schaden Geschichten, wie ihre Bemerkung, wonach Rote „Gsindl“ bleiben würden, oder intransparente Verhältnisse wie z.B. bei der „Aktion Schutzengel“ nicht. Sie räumt sie aus der Welt, indem sie sich entschuldigt oder muss nicht weiter darauf eingehen, weil ohnehin niemand dranbleibt.

All das erleichtert es der Landeshauptfrau gerade in der Krise ungemein, mit Botschaften zu punkten, wonach zusammengearbeitet und nicht gestritten werden solle, ja alles Niederösterreich untergeordnet werden müsse. „Gemeinsam stark“ oder so. Damit mögen keine 49,63 Prozent mehr zu holen sein (wie 2018), aber allemal mehr als 39. Bundespolitik? Karl Nehammer? Tun nichts zur Sache.

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