Ludwigs unmöglicher Job

ANALYSE. „Wiener zuerst“ ist nicht erfolgversprechend. Notwendig ist stattdessen eine Erzählung, die auseinanderwachsende Lager verbindet. 

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ANALYSE. „Wiener zuerst“ ist nicht erfolgversprechend. Notwendig ist stattdessen eine Erzählung, die auseinanderwachsende Lager verbindet. 

Ob es Michael Ludwig schaffen wird, die Sozialdemokratie in der Bundeshauptstadt vorne zu halten? Schwierig. Der 57-Jährige ist mit sehr vielen und noch dazu gegensätzlichen Herausforderungen konfrontiert. Die Partei ist zuletzt vor allem am rechten Rand ausgelaufen. In Floridsdorf fiel sie bei der Gemeinderatswahl 2015 beispielsweise hinter die Freiheitlichen zurück. Also antwortet Ludwig „Wiener zuerst, Vorrang für alle, die schon länger hier leben“. Damit riskiert er jedoch Verluste am linken Rand. Und die sollte man nicht unterschätzen.

Kategorien wie „Links“ und „Rechts“ greifen jedoch zu kurz: Treffender ist es wohl, von Menschen zu sprechen, die das Glück haben, über eine höhere Bildung und damit wahrscheinlich auch einen besseren Job zu verfügen; die sich gewisse Annehmlichkeiten leisten und auch zuversichtlich in die Zukunft blicken können. Sie haben bei der letzten Nationalratswahl eher rot, grün oder pink gewählt. Und dort, wo sie z.B. stärker vertreten sind, hat die SPÖ im Übrigen auch bei sämtlichen Gemeinderatswahlen seit 1996 zugelegt: in der Josefstadt (siehe Grafik).

Auf der anderen Seite gibt es die, die allenfalls über einen Pflichtschulabschluss verfügen, die den Eindruck haben, dass alles schlechter wird und die dafür nicht zuletzt auch Zuwanderer verantwortlich machen. Sie zieht es zu den Freiheitlichen, die ihnen sagen, dass sie mit ihrem Gefühl genau richtig liegen. Siehe Wahlergebnisse in Floridsdorf, die darauf beruhen.

Das Problem für Ludwig ist, dass die beiden Lager erstens sehr groß sind und zweitens durch herkömmliche Angebote nicht miteinander verbunden werden können: „Wiener zuerst“ etwa mag für die einen beunruhigend wirken, ist für die anderen, die eine offene Gesellschaft wollen, jedoch verstörend. Man könnte auch sagen: Für eine klassische Volkspartei, im Sinne einer Massenpartei, ist’s unter diesen Umständen besonders schwierig geworden, sich zu halten.

Und dieses Problem ist in Wien sehr viel ausgeprägter als in den meisten übrigen Bundesländern. Niederösterreich ist gesellschaftlich homogener. Kärnten oder das Burgenland, die sozialdemokratisch regiert werden, sind es ebenfalls. Wien besteht aus zwei zunehmend unterschiedlichen Teilen. Womit die eigentliche Kunst für Ludwig darin bestünde, eine Erzählung zu entwickeln, die sich hinwegsetzt über Links oder Rechts, zufrieden oder unzufrieden. Dieses schier Unmögliche würde ihm und seiner Partei noch am ehesten einen Erfolg bescheren.

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