Josef Moser, Minister fürs Aussichtslose

ANALYSE. Rücktrittsgerüchte kommen nicht von ungefähr. Moser selbst hat bereits von seinem Abgang gesprochen. Aus nachvollziehbaren Gründen. Eine Staatsreform ist nicht in Sicht. Und dafür wäre er ja geholt worden.

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ANALYSE. Rücktrittsgerüchte kommen nicht von ungefähr. Moser selbst hat bereits von seinem Abgang gesprochen. Aus nachvollziehbaren Gründen. Eine Staatsreform ist nicht in Sicht. Und dafür wäre er ja geholt worden.

„Wir wollen einen sparsamen Umgang mit Steuergeld sicherstellen“, sagte ÖVP-Chef Sebastian Kurz vor der Nationalratswahl 2017 und präsentierte den Ex-Freiheitlichen Josef Moser als einen entscheidenden Mitstreiter dafür. Als ehemaliger Rechnungshof-Präsident, der ganz Österreicher immer wieder darauf hingewiesen hatte, wie’s gehen würde, war dieser ein wirklich starkes Signal; da kann man inhaltlich zu ihm sehen, wie man will.

Reden und Tun, das sind jedoch verschiedene Dinge. Wie auch Moser weiß: Reformvorschläge gebe es genug, sagte er bei seiner Präsentation durch Kurz. Umsetzung sei gefragt. Wie wahr. Nach nicht viel mehr als 100 Tagen in der Regierung ist Moser jedoch ernüchtert. „Ohne Reformen würde ich mein Amt zurücklegen“, ließ er Mitte März über den „Kurier“ wissen. „Mit faulen Kompromissen am Sessel kleben, würde ich nie tun“, wurde er nun von „Österreich“ zitiert. Beide Zeitungen stellen einen möglichen Rücktritt in den Raum. Doch zunächst soll es jedenfalls noch ein Gespräch mit Sebastian Kurz geben; und der Kanzler weilt noch in China.

Ob Moser bleibt oder nicht, tut an dieser Stelle nichts zur Sache: Es geht vielmehr darum, dass durch ihn eine erste große Bewährungsprobe für das System Kurz zum Ausdruck kommt: Gelingen wirkliche strukturelle Veränderung, die über eine bloße Zusammenlegung von Sozialversicherungsträgern hinausgehen; oder gelingen sie nicht?

Viel mehr, als alte Gesetze entrümpeln, die ohnehin nicht mehr relevant sind, kann Moser nicht.

Als Reformminister sollte Josef Moser einen entscheidenden Beitrag leisten. Viel mehr, als alte Gesetze entrümpeln, die ohnehin nicht mehr relevant sind, kann er jedoch nicht. Dazu fehlen ihm die Durchsetzungsmöglichkeiten. Der Mann ist nicht Finanzminister und kann so auch nicht einen gewissen Druck auf Verhandlungspartner ausüben. Und selbst wenn er es wäre: In der Vergangenheit waren sogar ÖVP-Bundesparteichefs Finanzminister. Und als solche gaben sie in Budgetfragen gegenüber ihren Länderkollegen im Zweifelsfall immer klein bei.

Da kann man einstweilen nur weiterwursteln. Wie es auch passiert. Siehe Pflegeregress.

Wirklich etwas verändern könnte man in Österreich halt nur über eine Staatsreform: Vom Bildungs- über das Gesundheits- bis zum Pflegewesen wird man letzten Endes nie weiterkommen, so lange es keine klare Aufgaben- und damit auch Verantwortungsteilung zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungen gibt. Da kann man einstweilen nur weiterwursteln. Wie es auch passiert: Der Bund plant Deutschförderklassen, das Land NÖ ortet Mehrkosten auf sich zukommen, die es nicht tragen will. Auf Bundesebene wird der Pflegeregress abgeschafft, die Länder, die dadurch Belastungen für sie sich befürchten, ziehen vor den Verfassungsgerichtshof. Und so weiter und so fort.

Eine solche Staatsreform ist einem Justizminister ohne Macht und Verwurzelung in einer der beiden Regierungsparteien jedoch ganz und gar unmöglich. Dazu müsste es zuerst einmal einen Konsens in der gesamten Regierung geben, der von Kanzler und Vizekanzler angestoßen wird; und dann eine Bund-Länder-Einigung sowie eine Zweidrittelmehrheit auf parlamentarischer Ebene, wenn nicht auch noch eine Volksabstimmung. All das ist jedoch nicht einmal ein Thema.

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