KOMMENTAR. Kritiker müssen sich vielmehr fragen, was sie selbst verabsäumt und verbockt haben.
Nicht nur SPÖ- und ÖVP-Politiker waren am Sonntag über die Landtagswahlergebnisse frustriert. Auch Peter Pilz (Grüne) zeigte sich über die FPÖ-Erfolge enttäuscht. Ausdruck verlieh er dem durch einen Tweet, in dem er drei Fragen an die Wähler der Freiheitlichen richtete: „1. Wie heißt der Spitzenkandidat? 2. Wer war Eurofighter- und Hypo-Partei? 3. Seid ihr bereit, für Schaden zu zahlen?“ Die Fragen waren natürlich rhetorisch. Die Antworten sollen Böses unterstellen. Viel dümmer noch als das ist jedoch diese Wählerbeschimpfung selbst.
Natürlich trägt jeder Wähler Verantwortung; und natürlich ist jeder dazu verpflichtet, sich sehr genau zu überlegen, wem er seine Stimme gibt. Doch welcher Politiker, welcher Journalist, welcher Experte kann einem Anhänger der Freiheitlichen unterstellen, das nicht zu tun? Außerordentlich viele FPÖ-Wähler haben zum einen wohl eine Proteststimme abgegeben und zum anderen eine grausame Fremden- bzw. Asylwerberhetze unterstützt. Das muss ihren Kritikern zu denken geben: Warum haben sich zum Beispiel in der Steiermark so viele gegen die „Reformpartnerschaft“ gewendet? Warum betrachten sie noch dazu Ausländer ganz offensichtlich als so große Bedrohung und lassen jegliche Menschlichkeit gegenüber all jenen vermissen, die vor den Krieg im Mittleren Osten fliehen müssen?
Mögliche Antworten: SPÖ und ÖVP bzw. Landeshauptmann Franz Voves und LH-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer mögen in der Steiermark wichtige Veränderungen durchgeführt und das Budget saniert haben. Bei ihrer Aufgabe, die Menschen dabei mitzunehmen, scheinen sie jedoch kläglich versagt zu haben: Viele haben möglicherweise keine Notwendigkeit in drastischen Einschnitten gesehen und schon gar keine Verbesserung ihrer eigenen Lage. Warum hätten sie Rot und Schwarz also dankbar sein sollen? Zumal die beiden Parteien das Land ja einst selbst in die missliche Lage geführt haben, die die schmerzlichen Reformen jetzt erst notwendig gemacht haben?
Im Übrigen sind die FPÖ-Erfolge wohl weniger auf landes-, als vielmehr auf bundespolitisches Versagen in der „Ausländerpolitik“ zurückzuführen. Wobei den Ängsten und Sorgen vieler Menschen mit Ausnahme der Freiheitlichen zuletzt keine einzige Partei die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt hat. Weder Grüne noch Neos, geschweige denn SPÖ und ÖVP, die als Regierende ganz maßgeblich Einfluss nehmen könnten: Vorurteile, wie „Kriegs- sind in Wahrheit ohnehin nur Wirtschaftsflüchtlinge, denen man nicht weiter helfen muss“, werden durch die Zeltstädte der Innenministerin (Johanna Mikl-Leitner) vielmehr bestärkt. Während der Integrationsminister (Sebastian Kurz) mit fragwürdigen Vorschlägen wie jenem nach einer Koran-Einheitsübersetzung all jene bestätigte, die dem Islam grundsätzlich misstrauen. Und wo war Sebastian Kurz in den letzten Wochen, als die Freiheitlichen gegen Moscheen zu Lande zogen?
Jeder hat einen Beitrag zu diesem Wahlergebnis geleistet, nicht nur die Wähler selbst. Sondern auch die FPÖ, die nicht davor zurückschreckte, die sensibelsten Themen auszuschlachten, und die politischen Mitbewerber, die dem nichts entgegenzusetzen haben.