#bpwahl16 kann die ÖVP gefährden

ANALYSE. Wenn Österreich eine Spaltung droht, dann erst recht der Volkspartei: Ihre Anhängerschaft zieht’s zu gleichen Teilen zu Hofer und zu Van der Bellen. 

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ANALYSE. Wenn Österreich eine Spaltung droht, dann erst recht der Volkspartei: Ihre Anhängerschaft zieht’s zu gleichen Teilen zu Hofer und zu Van der Bellen.

ÖVP-Spitzenpolitiker wie Außenminister Sebastian Kurz und ganz besonders der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll schrecken sonst nicht davor zurück, zu sagen, was sie sich denken. Diesmal ist es jedoch anders: Wem sie bei der Bundespräsidenten-Stichwahl am 4. Dezember ihre Stimmen geben werden, behalten sie lieber für sich. Das muss man verstehen. Sie würden sich ihre weitere Politkarriere in jedem Fall nur erschweren. Grund: Gut eine halbe Million der bisherigen Parteianhänger wäre enttäuscht von ihnen. Und das wäre noch nicht einmal das Schlimmste.

Das Sozialforschungsinstitut SORA hat bei der Stichwahl im Mai auch untersucht, wen die ÖVP-Wähler des Jahres 2013 (Nationalratswahl) unterstützt haben. Ergebnis: 499.000 Alexander Van der Bellen, 453.000 Norbert Hofer und 174.000 keinen von beiden. Das ist bemerkenswert, liegen zwischen den beiden Kandidaten doch Welten. Es sagt aber sehr viel über den Zustand der Volkspartei aus: Sie hat es in den vergangenen Jahren ganz offensichtlich verabsäumt, ihr Profil so zu schärfen, dass die Wähler noch eine Rechts-Mitte-Links-Orientierung haben; die einen zieht’s nun daher in die eine, die anderen in die entgegengesetzte Richtung.

Vor allem Außenminister Sebastian Kurz, der noch die besten Persönlichkeitswerte hat, muss das zu denken geben.

Das hat Folgen, die weit über die Bundespräsidenten-Stichwahl hinausreichen: Irgendwann, wenn sie sich wieder einmal selbst einer österreichweiten Wahl stellen darf, muss sich die ÖVP deklarieren. Und dann wird sie immer einen Teil ihrer bisherigen Anhängerschaft verlieren.

Vor allem Außenminister Sebastian Kurz, der noch die besten Persönlichkeitswerte hat, muss das zu denken geben. Der 30-Jährige hat noch das schärfste Profil. Wenn aber mehr ÖVP-Wähler Van der Bellen unterstützen als Hofer, bedeutet das, dass seine restriktive Migrations- und Integrationspolitik unter diesen nicht unbedingt mehrheitsfähig ist. Auf der anderen Seite mögen interne Umfragen besagen, dass er der einzige ÖVP-Politiker ist, der in der Lage wäre, Wähler von der FPÖ zurückzuholen. Unterm Strich jedoch könnte das auf nicht viel mehr als ein Null-Summen-Spiel hinauslaufen.

Während die Bundes-ÖVP wie erwähnt Orientierungslosigkeit verkörpert, haben sich ihre Teilorganisationen zu unterschiedlich entwickelt; das verstärkt das Chaos nur: In Vorarlberg, Tirol und Salzburg versuchen sich ihr Vertreter als Koalitionspartner der Grünen auf Landesebene zu modernisieren. Bezeichnenderweise ging Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) vor wenigen Tagen denn auch auf Distanz zu Norbert Hofer; er passt nicht zu seinem (im Sinne der Wirtschaft) eher weltoffenen Kurs. In Oberösterreich, Niederösterreich und Wien ist die Nähe zu Hofer dagegen größer; dort suchen ÖVP-Vertreter ihr Glück viel eher in einem FPÖ-freundlichen Weg.

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