Am 23. April müssen Kurz und Strache nachlegen

ANALYSE. Regierungspläne beschränken sich vorerst eher auf Annehmlichkeiten. Kein Wunder: Wir befinden uns schon wieder mitten in Wahlkampfzeiten.

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ANALYSE. Regierungspläne beschränken sich vorerst eher auf Annehmlichkeiten. Kein Wunder: Wir befinden uns schon wieder mitten in Wahlkampfzeiten.

Normalerweise nützt eine Regierung die ersten Monate dazu, das Gröbste abzuarbeiten, um sich dann im Hinblick auf die nächste Wahl auf Annehmlichkeiten konzentrieren zu können. Entlastungen finden also weniger am Anfang, sondern mehr am Ende einer Legislaturperiode statt. Diesmal ist es ein Stück weit umgekehrt. Die Regierungsklausur am 4. und 5. Jänner im steirischen Seggau stand ganz im Zeichen einer konkreten Maßnahme. Nämlich der Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für Bezieher von Einkommen unter 2000 Euro brutto im Monat. Im Übrigen gab es die Ankündigung, Bürokratie abzubauen. Diese Woche soll ein Familien-Steuerbonus von 1500 Euro pro Kind folgen. Was will man, was wollen insbesondere Kernzielgruppen von ÖVP und FPÖ, mehr? Die Arbeiter einerseits, die zunächst am ehesten noch von der Sache mit den Arbeitslosenbeiträgen profitieren? Und die Unternehmen andererseits, die aus nachvollziehbaren Gründen über den ganzen Bürokratieaufwand klagen? Oder die Familien (ÖVP)?

Ein bisschen ist all das jedoch ein fortgesetzter Nationalratswahlkampf. Und das ist kein Zufall, stehen doch bis einschließlich 22. April vier weitere Urnengänge bevor, bei denen es insbesondere für die ÖVP um sehr viel geht: Die Landtagswahl in Niederösterreich, wo die Absolute auf dem Spiel steht, die Landtagswahl in Tirol, wo sich die Volkspartei nach verlustreichen Jahren wieder erfangen könnte und in Salzburg, wo sie sich als „Landeshauptmannpartei“ erstmals wieder behaupten möchte. Dazu kommt noch Kärnten, wo ein Führungswechsel hin zu Blau-Schwarz nicht ausgeschlossen ist. Wenn die Rahmenbedingungen passen. Doch dafür tun Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ) im Moment eben ohnehin alles.

Insgesamt sind in den nächsten Wochen rund 2,8 Millionen Österreicherinnen und Österreicher wahlberechtigt.

Man kann sich die Bedeutung dieser Landtagswahlen auch so vorstellen: Insgesamt sind rund 2,8 Millionen Österreicherinnen und Österreicher wahlberechtigt. Das entspricht gut 43 Prozent der Zahl all jener, die im vergangenen Oktober an der Nationalratswahl teilnehmen durften. Das kann keine Partei kalt lassen (auch die Sozialdemokraten, die Grünen und die Neos nicht, doch das ist eine andere Geschichte).

Nicht nur die Regierungsaktivitäten sind im Moment entsprechend gestrickt, es ist auch das Regierungsprogramm: Konkrete Maßnahmen, die die Staatsausgabenentwicklung einbremsen, geschweige denn Entlastungen ermöglichen würden, sucht man vergeblich. Was es gibt, sind symbolische und vor allem sehr wahrscheinlich auch mehrheitsfähige Akzente, wie die Kürzung der Familienbeihilfe für Fremde. Doch das war’s. Einschnitte, die vor allem FPÖ-Wählern (z.B. sechs von zehn Arbeitern) weh tun werden, wie Kürzungen beim Arbeitslosengeld, kann man eher nur zwischen den Zeilen herauslesen. Details sollen erst ab dem Frühjahr folgen. Bis dahin kann es allenfalls „missverständliche Äußerungen“ geben, wie jene von Sozialminister Beate Hartinger-Klein (FPÖ), wonach kein „Hartz V“, also kein Zugriff auf Ersparnisse, geplant sein soll (in Wirklichkeit ist letzten Endes genau dies vorgesehen, wie sie wenig später eingestehen musste).

Hilfreich bei diesem fortgesetzten Wahlkampfkurs ist Schwarz-Blau, dass die Rahmenbedingungen günstig sind. Im Moment sprudeln die Staatseinnahmen nur so. Was die Ausgabenprobleme längerfristig aber nicht löst. Und da kann man es drehen und wenden wie man will: Ab dem 23. April, wenn die Landtagswahlen geschlagen sind, müssen Kurz und Strache, wenn sie eine größere Entlastung anpeilen, nachlegen. Zum Beispiel bei den Pensionen. Mit einem Gesamtaufwand von über 50 Milliarden Euro sind sie zu bedeutend, als dass hier kosmetische Maßnahmen ausreichen würden. Mit einer Anpassung des tatsächlichen an das gesetzliche Pensionsalter, wie es laut Regierungsprogramm vorgesehen ist, wird man jedenfalls keinen Spielraum für Entlastungen in zweistelliger Milliardenhöhe zusammenbekommen. Zumal ja auch noch die Mindestpensionen erhöht werden sollen.

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