Politik zur Beschädigung von Medien

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ANALYSE. Von der Wiener Zeitung über den ORF Niederösterreich bis zur vermeintlichen Förderung von Qualitätsjournalismus gibt es einen roten Faden.

In seinem Blog berichtet Christian Nusser, Chefredakteur der Gratiszeitung „Heute“, von einem seltsamen „Austausch“, zu dem er Ende August gemeinsam mit ein paar Kolleginnen und Kollegen geladen war: Als er sich vorab nach dem tieferen Sinn der Veranstaltung erkundigt habe, sei ihm beschieden worden, dass die Gastgeberin, Medienministerin Susanne Raab (ÖVP), gerne erfahren würde, was Zeitungsleute so über die geplante Medienförderung denken. Beim „Austausch“, an dem unter anderem auch Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer teilgenommen habe, sei es dann freilich folgendermaßen gewesen: Ich erkundigte mich bei den Anwesenden ein paar Mal, ob ich ihnen nun erzählen sollte, was ich von der Medienförderung halte, aber das wurde abschlägig beschieden. Man habe schon genug Stellungnahmen eingesammelt, sei mit der Neuregelung weitgehend fertig, in den nächsten Wochen werde sie präsentiert.“

Insofern hätte sich der Medienwissenschaftler Josef Trappel seine Stellungnahme zum vorliegenden Begutachtungsentwurf für eine neue Qualitätsjournalismus-Förderung sparen können. Von denen, die politisch dafür verantwortlich zeichnen, interessiert derlei sowieso keinen bzw. keine. Raab zieht ihre Vorhaben durch. Ohne sich einer öffentlichen Debatte zu stellen, ohne weiter zu argumentieren. So wie bei der Wiener Zeitung, bei der sie schon vor Ende der Begutachtung erklärt, warum sie eingestellt wird. Und wo das von der Grünen-Mediensprecherin Eva Blimlinger mit dem Hinweis verteidigt wird, dass es keinen Käufer für die älteste Tageszeitung der Welt gebe.

Österreich hat vor diesem Hintergrund bald eine Tageszeitung weniger, und auch durch die geplante Journalismusförderung droht sich Wesentliches nicht zu verbessern, sondern zu verschlechtern. Förderung klingt immer gut, dass man bei den Kriterien aber einerseits darauf verzichtet, eine Mitgliedschaft des betreffenden Mediums beim Presserat, einem Organ der Selbstkontrolle, zur Bedingung zu erklären; und dass man andererseits innovative (Digital-)Medien durch absurde wie de facto unerreichbare Vorgaben (nämlich eine extrem hohe Anzahl an Zeichen pro Jahr) ausgrenzt, lässt an der Absicht zweifeln: Geht es hier wirklich um Qualität und Zukunft dafür? Wohl kaum.

Dazu kommt, dass diese Förderung auch Gratiszeitungen zugutekommen soll, die den Medienmarkt ohnehin schon kannibalisieren. Und die von öffentlichen Inseraten (z.B. Regierungsinseraten) bereits überproportional profitieren, wie Trappel betont, ehe er feststellt: „Dies stellt ein erhebliches demokratiepolitisches Risiko dar.“

Was hier läuft, ist eine Schwächung der vierten Gewalt, wie sie Message Control entspricht, aber Interessen (möglichst) aufgeklärter Bürgerinnen und Bürger zuwiderläuft: Sie brauchen Qualitätsjournalismus, der erstens vielfältig und zweitens kritisch gegenüber Mächtigen ist. Und der drittens nicht nur vom Werbemarkt abhängig ist, auf dem die öffentliche – sprich: politische – Hand in Österreich eine besonders große Rolle spielt.

Aber das ist nicht nur in der praktischen Medienpolitik so nicht vorgesehen, sondern zum Teil auch nicht im bestehenden System. Beim ORF Niederösterreich sieht man, was herauskommen kann, weil Landeshauptleute (laut Gesetz) ein Mitspracherecht bei der Auswahl des jeweiligen Landesdirektors, der jeweiligen Landesdirektorin haben. Die Tageszeitung „Die Presse“ fasst es mit dem Titel zusammen: „Wie die ÖVP Niederösterreich „ihren ORF“ dirigiert“. Und zwar mit Hilfe von Landesdirektor Robert Ziegler, der mit dem Vorwurf konfrontiert ist, in Sendungen wie „Niederösterreich heute“ zu liefern, was allein „Milei“, also Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), gefällt.

Der Redakteursrat des ORF fordert, Ziegler zu suspendieren. Die Leitung des Landesstudios solle bis zur Klärung des Sachverhaltes „von einer untadeligen Person“ übernommen werden. Diese Forderung zeigt auch, dass bei weitem nicht der ganze ORF so ist. Dass in Niederösterreich eher außergewöhnliche Verhältnisse vorherrschen. Das Einfallstor dafür ist aber eben im Gesetz verankert: Landeshauptleute dürfen sich ihren Landesdirektor aussuchen. Es liegt ausschließlich an ihnen, welche Maßstäbe sie dabei ansetzen. Sie können ihre Macht missbrauchen und eine willfährige Person auswählen. Das ist nicht verboten. Aber weil es von vornherein fragwürdig ist, sie hier überhaupt einzubinden, gehört ihr Mitspracherecht ersatzlos gestrichen.

Erwarten, dass das geschieht, sollte man sich nicht. Als vor wenigen Wochen aufgrund von Chat-Veröffentlichungen wieder einmal deutlich wurde, wie über ORF-Stiftungsräte Parteipolitik gemacht wird, wies Susanne Raab die Förderung, eine Gremienreform durchzuführen, mit dem Hinweis zurück, dass eine solche nicht im Regierungsprogramm vorgesehen ist. Auch eine landeshauptleuteunabhängige Bestellung von Landesdirektoren ist nicht darin enthalten. Man weiß schon, warum.

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