Keine Ansage gegen Medienkorruption

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BERICHT. Zwei Gesetzesvorhaben der Regierung bilden eine Offenbarung. Kommunikationswissenschaftler sehen „demokratiepolitisch unkalkulierbare Risiken“.

Die Bundesregierung will für eine neue Journalismusförderung 20 Millionen Euro jährlich bereitstellen. Damit werde einerseits ein Qualitätsanspruch im Medienbereich eingelöst, ein vorliegender Begutachtungsentwurf enthalte andererseits jedoch „demokratiepolitisch unkalkulierbare Risiken“, warnt die Österreichische Gesellschaft für Kommunikationswissenschaft (ÖGK) bzw. der Salzburger Kommunikationswissenschaftler Josef Trappel, der ihre Stellungnahme verfasst hat.

Trappel kritisiert zunächst, dass die Journalismusförderung nicht von einer Mitgliedschaft beim Presserat, einem Organ der Selbstkontrolle, abhängig gemacht werden soll: „Dies ist angesichts der qualitätssichernden Aufgabe des Presserates unverständlich.“

Darüber hinaus ortet er eine „zweite Auslassung“, die „überaus schwer“ wiege: Es fehle eine Bestimmung, die Gratiszeitungen von der Förderung ausschließt. Bei der bestehenden Presseförderung gibt es eine solche und das sei „gut argumentiert“: Erstens würden derartige Titel einer umfassenden Kommerzialisierung Vorschub leisten und jenen Titeln den Wettbewerb erschweren, „die sich gemischt finanzieren (Verkauf an Leser:innen und Werbung)“.

Zweitens würden Gratiszeitungen „aufgrund ihrer Hauptverbreitung als Papierexemplare hohe Umweltkosten, die nicht in dem (nicht vorhandenen) Preis abgebildet werden (negative Externalitäten)“. Drittens würden sie „in der gängigen öffentlichen Klassifizierung nicht als Qualitätsmedien (gelten), was dem Förderungszweck widerspricht“.

„Viertens ist eine Gratiszeitung („Österreich“) in jene Affäre verstrickt, die zum Rücktritt mehrerer Minister einschließlich des Bundeskanzlers im Oktober 2021 führte (Stichwort Verdacht auf die Veröffentlichung manipulierter Umfragen sowie Inseratenschaltungen, die in einem Zusammenhang damit gestanden haben sollen; Anm.). Dass im Gegenzug nun die Förderung auf diesen Zeitungstyp erweitert wird, ist nicht nachvollziehbar“, so Trappel.

Die ÖGK-Stellungnahme, die er geschrieben hat, bezieht sich auch auf einen anderen Begutachtungsentwurf; nämlich den, der öffentliche Inserate betrifft. Vom Volumen her (insgesamt rund 300 Millionen Euro pro Jahr) bilden sie das wahre Instrument österreichischer Medienförderung bzw. -politik. Vorgesehen ist, dass Summen für alle Inserate veröffentlicht werden müssen und, sobald sie bestimmte Wertgrenzen übersteigen, unter anderem ausführlicher begründet werden müssen.

Das sei grundsätzlich sinnvoll, aber wenig zielführend, merkt Trappel an: „Erhöhte Transparenz verkleinert das Korruptionsrisiko nicht, wie die bisherigen Erfahrungen mit dem seit mehr als einem Jahrzehnt in Kraft befindlichen Gesetz zeigen. Vielmehr sollte eine verbindliche Obergrenze das Volumen der freihändig vergebenen Schaltungen eng begrenzen, und zwar sowohl was das Gesamtvolumen pro Jahr, als auch pro rechtsunterworfenem Rechtsträger betrifft. Beides findet sich nicht im Gesetzesentwurf.“

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