#Ischgl Aufklärung darf nicht warten

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ANALYSE. Für das Wiederhochfahren der Republik ist eine Fehleranalyse jetzt entscheidend.

In bemerkenswerter Geschlossenheit treten türkise bzw. schwarze und grüne Politiker in Tirol und auf Bundesebene dafür ein, zunächst die Coronakrise zu bewältigen und erst dann zu untersuchen, was in Ischgl falsch gelaufen ist. Das ist zwar nachvollziehbar, aber verantwortungslos.

Gerade von politischer Seite her überwiegt natürlich immer die Befürchtung, dass es zu einer Abrechnung kommt, die den einen oder anderen Rücktritt „im schlimmsten Fall“ unausweichlich macht. Natürlich: Landeshauptmann Günther Platter, „Wir haben alles richtig gemacht“-Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg und andere sind schwer haltbar, nachdem sich das Virus über ihr Land beschleunigt ausgebreitet hat in (zumindest) halb Europa; nachdem es Politik und Verwaltung eben verabsäumt haben, erste Infektionsfälle ernst zu nehmen und entschlossen einzuschreiten; nachdem all das zu einer hohen Opferzahl und immensen wirtschaftlichen und sozialen Schäden beigetragen hat.

Viel wichtiger als persönliche Abrechnungen ist jedoch etwas ganz anderes: Wir sind gerade erst dabei, die erste COVID-19-Welle hinter uns zu bringen und müssen mit weiteren Wellen rechnen. Wir können jedoch sehr viel dazu beitragen, dass diese weiteren Wellen möglichst klein bleiben, wenn wir die richtigen Lehren aus der ersten Welle ziehen.

Welche Lehren das sind, kann jetzt nicht gesagt werden. Es wäre aber verrückt, sich nicht über St. Anton und das Paznauntal mit Ischgl auf den Weg zu ihnen zu machen. Hier ist zu viel außer Kontrolle geraten und angerichtet worden, was genauer untersucht werden muss, um die passenden Schlüsse ziehen zu können.

Was naheliegend ist, sind zum Beispiel diese Dinge: Im Wissen um den Stellenwert des Tourismus für die Region hat man zunächst einmal ein Auge zugedrückt und verleugnet, dass etwa ein infizierter Barkeeper Gäste anstecken könnte. Gesundheit hatte Nachrang. Was muss getan werden, damit sich das umkehrt? Aus einem gewissen Egoismus heraus sind potenziell infizierte Gäste wiederum unkontrolliert nach Hause geschickt worden. Das Krisenmanagement wurde quasi mit einer Extraportion Virenschleuder eröffnet. Wie kann so etwas in Zukunft geregelt werden im Fall der Fälle?

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat Mitte März selbst erklärt, dass er anfangs auf viel Widerstand bei Entscheidungsträgern gestoßen sei. Wer das war, hat er bis heute für sich behalten. Wobei es auch hier nicht nur darum geht, die betreffenden Personen zur Verantwortung zu ziehen, sondern auch darum, sicherzustellen, dass sich irgendwelche Orts- und Landeskaiser nicht mehr in den Weg stellen können, wenn es um die COVID-19-Bekämpfung geht.

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