BERICHT. Im Verkehrsbereich sind die Emissionen seit 1990 nicht zurückgegangen, sondern um drei Viertel gestiegen.
„Fit for 55“ lautet das Ziel, dem die EU-Kommission soeben Nachdruck verliehen hat: Bis 2030 sollen die Treibhausgas-Emissionen demnach um 55 Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen. Auch Österreich ist noch weit davon entfernt. Und zwar im doppelten Sinne: Im Verkehrsbereich sind die Emissionen bisher nicht gesunken, sondern gestiegen; und die politische Debatte steckt noch immer in den Kinderschuhen.
Das Umweltbundesamt schätzt die Treibhausgas-Emissionen Österreichs für 2019 auf 79,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent; gegenüber 1990 sind sie damit nicht gesunken, sondern um 1,8 Prozent gestiegen. Mit 44 Prozent entfiel der größte Anteil auf den Bereich „Energie und Industrie“; abgesehen davon, dass hier das meiste zumindest in den Emissionshandel fällt, liegt das Volumen wenigstens um 3,9 Prozent unter dem Niveau von 1990.
Das ist weit weg vom Ziel „minus 55 Prozent“, in der Entwicklung aber nicht ganz so miserabel wie der Verkehrsbereich: Er verursacht 30 Prozent der Emissionen und liegt insgesamt um ganze 74,4 Prozent über dem Niveau des Jahres 1990. Im Volumen geringer und in der Tendenz stärker rückläufig sind die Bereiche „Gebäude“ (minus 36,8 Prozent) und „Landwirtschaft“ (minus 14,3 Prozent).
Minus 55 Prozent bis 2030 erscheinen für Österreich insofern schwer erreichbar, als noch nicht einmal genügend wirkungsvolle Lenkungseffekte absehbar sind. Größter Streitpunkt ist insbesondere eine „CO2-Bepreisung“, die unter anderem zu höheren Spritpreisen führen würde: „Als Landeshauptmann in einem Land der Pendler lehne ich das ab. Die Leute müssen zur Arbeit und auch wieder zurück und sollen dafür nicht bestraft werden“, lässt etwa der wahlkämpfende Thomas Stelzer (ÖVP) aus Oberösterreich in einem Interview mit der Tageszeitung „Heute“ wissen.
Problem: Mit einer Belastungsdebatte allein wird kaum etwas weitergehen. Gefragt wären vor allem eine Konkretisierung sozialer Ausgleichsmaßnahmen ebenso wie mehr Anreize bzw. Umstiegsmöglichkeiten auf klimafreundlichere Lebensweisen.
Anmerkung: Die prozentuellen Änderungen gegenüber 1990, die in dieser Text- und Grafik-Fassung angeführt sind, entsprechen einer Korrektur bzw. den hier vom Umweltbundesamt angeführten Werten. Dank an Volker Plass für den Hinweis via Twitter.
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