Der Gast ist Untertan

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KOMMENTAR. Die Vorschriften für Wirtshausbesucher fassen es eindrucksvoll zusammen: Selber denken und verantwortungsbewusst agieren sind nicht mehr vorgesehen.

Die Pandemiebekämpfung ist in Österreich bisher sehr wirkungsvoll gewesen. Kein Wunder: Die Bundesregierung steht offen dazu, den Leuten zunächst einmal Angst gemacht zu haben. Was ihr gelungen ist. Wer will schon 100.000 Tote, die unveröffentlichten Studien zufolge zu befürchten sind? Also! Dann wurde suggeriert, dass selbst private Treffen verboten seien. Hinterher hieß es, dass man immer dazugesagt habe, dass man das ohnehin nie kontrollieren würde. In Wirklichkeit ist ersteres unsinnig und zweiteres daher absurd gewesen.

Fertig? Nein. „Denken verboten“, lautete vor einigen Wochen der Titel einer Analyse auf dieSubstanz.at. Die Regierung regelt gar alles, Eigeninitiative und Selbstverantwortung sind nicht vorgesehen. Der Bürger hat zu gehorchen. Und Punkt.

Das muss hier wiederholt werden, weil eine „Verordnung“, die formal keine solche ist, auf einer Website erschienen ist, die laut Impressum unter politischer Verantwortung von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) erstellt wurde. Titel: „Verhalten für Gäste in Gastronomiebetrieben“.

Es ist ein Wunder, dass nicht von Wirtshäusern die Rede ist. Weil der Wirt und sein Personal zu Chefs und ihre Besucher einfach nur zu Besuchern erklärt werden, aber eben nicht zu dem, was man würde- und respektvoll unter Gast versteht. Regel 1: „Mindestens 1 Meter Abstand zu anderen Personen außerhalb der eigenen Besuchergruppe halten.“ Regel 2: „Beim Eintreten und Verlassen des Lokals ist ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen.“ Okay, das kennt man vom Supermarkt. Das ist gewissermaßen schon normal.

Neu und bemerkenswerter ist Regel 5: „An Anweisungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten.“ Das kann spannend werden. Vor allem in Verbindung mit übrigen Regelungen („Auf Händeschütteln und Umarmungen verzichten.“ Oder „Berührung im Gesicht mit ungereinigten Händen vermeiden.“ Oder „Niesen oder husten in die Armbeuge oder in ein Taschentuch.“), aber auch sonst: Gastronomiemitarbeiter werden mit einer erzieherischen Gewalt ausgestattet.

Natürlich werden sie sich an Gesetze halten müssen. Aber darum geht es hier nicht: Der Punkt ist vielmehr, dass mit alledem autoritäre Züge zum Ausdruck gebracht werden. Ein Appell, sich in einem Lokal verantwortungsbewusst zu verhalten, ist denn auch nicht einmal indirekt Teil der „Verordnung“.

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