Untauglich

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ANALYSE. Staatliche Missstände in der Pandemie lassen für einen flächendeckenden Stromausfall schlimmeres befürchten. Ein solcher kommt in den nächsten Jahren „sehr wahrscheinlich“.

„Ein Blackout ist ein plötzlicher, überregionaler und länger andauernder Stromausfall. Bei diesem Szenario ist ein zeitgleicher Ausfall der Stromversorgung in weiten Teilen Europas zu erwarten. Dieser kann innerhalb weniger Sekunden und ohne Vorwarnung erfolgen. Im Gegensatz zu lokalen Stromausfällen fallen bei einem Blackout zeitnah so gut wie alle anderen lebenswichtigen und stromabhängigen Infrastrukturen aus. Beginnend mit der Telekommunikationsversorgung wie Mobilfunk, Festnetz, Internet und Datenverbindungen. Das führt zur sofortigen Unterbrechung des Geldverkehrs (Bankomaten, Kassen, Zahlungsverkehr). Der Verkehr und damit die gesamte Versorgungslogistik (Ampeln, Tunnel, Treibstoff- und Lebensmittelversorgung) kommen zum Stillstand. Trotz aller Sicherungsmaßnahmen kann das Ausbleiben eines großflächigen und langanhaltenden Stromausfalls in Zukunft nicht garantiert werden. Das Eintreten eines überregionalen Blackouts wird von Experten in der nächsten Dekade als sehr wahrscheinlich beurteilt.“

Dieser Text stammt nicht aus einem „Science-Ficton“. Er ist vielmehr amtlich, wurde vor zwei Jahren vom damaligen Verteidigungsminister Thomas Starlinger in einer kleinen Broschüre veröffentlicht, in der Herausforderungen des österreichischen Bundesheeres dargelegt sind. Neben dem „Blackout“ gibt es auch die Szenarien „Unkontrollierte Massenmigration“ und „Pandemie“ mit „massiven Auswirkungen auf das Funktionieren von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft“. Aber das ist jetzt ja ohnehin allgemeinbekannt.

Genauer: In der Corona-Pandemie sind Schwächen sichtbar geworden, die Schlimmeres befürchten lassen. Die APA hat gerade über einen vernichtenden Rechnungshof-Rohbericht geschrieben. Zitat: Es haben sowohl im Krankenanstaltenrecht als auch im Allgemeinen Sozialversicherungsrecht im Wesentlichen geeignete Regelungen für den Krisen- und Katastrophenfall gefehlt. Auch die Gesundheitsplanung enthielt keine Vorkehrungen. „Es war zur Beginn der Pandemie unklar, wer für Maßnahmen zur Anpassung des Gesundheitssystems im Pandemiefall zuständig war.”

Alles? Woher: Es habe keinen Überblick über die vorhandene Schutzausrüstung gegeben. Bestätigt werden vom Rechnungshof laut APA ganz offensichtlich auch schwerwiegende Informationsdefizite. Nach eineinhalb Jahren kann der Bund zum Beispiel noch immer nicht ausweisen, wieviele Menschen täglich mit Corona ins Spital gebracht werden müssen. Die Länder liefern immer nur Angaben über die Gesamtzahl der Patienten, die gerade behandelt werden. Selbst hier existieren Mängel: Es gibt immer wieder so große Veränderungen, dass man bezweifeln muss, dass die Daten regelmäßig aktualisiert werden.

Im Falle eines Blackouts wäre derlei freilich das kleinere Problem: Wo kein Strom, da nicht schlechte, sondern gar keine Daten bzw. Informationen. Man weiß nicht, wie das in südeuropäischen Ländern wäre, die laut Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in ihren Systemen kaputt seien, in Österreich ist es darum nicht besonders gut bestellt. Es wird nicht einmal aus der Not eine Tugend gemacht, indem zumindest die Bürgerinnen und Bürger darauf vorbereitet werden, wie sie Eigenverantwortung pflegen könnten.

Unfreiwillig tief blicken lässt ausgerechnet Starlingers Nachfolgerin, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP): Ende August, also zwei Jahre nach der eingangs erwähnten Veröffentlichung, verkündete sie auch via Aussendung, dass sich das Bundesheer schrittweise für ein Blackout rüste. Bis 2024 sollen laut Tanner autarke Kasernen fertiggestellt werden, also mit eigener Energie- und sonstiger Versorgung ausgestattet werden. Das ist nicht schlecht, sollte jedoch eine Selbstverständlichkeit sein und besser verschämt im Geheimen angestrebt werden. Bis dahin ist schließlich schon gut die Hälfte der Dekade vorbei, in der ein Blackout „sehr wahrscheinlich“ ist. Sprich: Man kann nur hoffen, dass er sich Zeit lässt.

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