ANALYSE. Großer Inszenierung steht ein vernichtender Bundesheer-Befund von Ex-Verteidigungsminister Starlinger gegenüber. Durch das Coronavirus ist er aktueller denn je geworden.
Erst hat die Bundesregierung Gesundheitschecks an der Grenze zu Italien angekündigt, dann eine Beschränkung des Reiseverkehrs. Bis zur Umsetzung dauerte es jedoch, wie ein Lokalaugenschein von „Kärnten heute“ (ORF) am Ende bzw. am Anfang der Südautobahn bei Thörl-Maglern zeigte. Da war (noch) nichts, wie es am Abend hieß. Und tagsüber seien vorübergehend auch nur ein Beamter und eine Amtsärztin anwesend gewesen.
Diese Geschichte passt genau dazu: Einerseits haben Innenminister Karl Nehammer und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) beinahe zeitgleich vor einer „imposanten, aber martialischen Kulisse“ („Die Presse“), gebildet von respekteinflößenden Soldaten und Polizisten, Grenzschutzmaßnahmen (gegen Flüchtlinge) angekündigt; andererseits gibt’s große Mängel.
Nähern wir uns letzteren über das Coronavirus und den Zustand des Bundesheeres an. Ex-Verteidigungsminister Thomas Starlinger hat dazu vor ein paar Monaten eine Analyse veröffentlicht, die sich heute als erschreckend weitsichtig und nicht sehr beruhigend erweist.
In dem Papier „Zustandsbericht Bundesheer 2030“ sind unter anderem Bedrohungen aufgelistet, die es für Österreich gebe. Eine davon lautet „Pandemie“. Und dazu heißt es wiederum: „Eine Pandemie ist die unkontrollierte Ausbreitung einer hochansteckenden Infektionskrankheit, beispielsweise mit Grippeviren, die nicht eingedämmt werden kann. Im Falle einer Pandemie bei Menschen könnte es dazu kommen, dass in einer ersten Phase von bis zu sechs Monaten kein Impfstoff bzw. keine Medikation zur Verfügung stünde. In einer zweiten Phase wäre zwar ein Impfschutz entwickelt, die Produktionskapazitäten würden für den großen Bedarf jedoch nicht ausreichen. Aufgrund einer Vielzahl an Toten und massenhaft Erkrankten hätte dies massive Auswirkungen auf das Funktionieren von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft. Im Extremfall dürften die Menschen ihre Häuser nicht verlassen, es käme zu massiven Versorgungsengpässen, die Krankenhäuser, Sanitätszentren und mobilen medizinischen Dienste wären überfordert.“
Das kommt einem bekannt vor. Es entspricht ziemlich genau einer möglichen Entwicklung im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Gut, ein Impfstoffs wird eher mehr als sechs Monate auf sich warten lassen, aber darum geht es hier nicht. Der Punkt ist, dass Starlinger damit ausführen wollte, wozu ein funktionierendes Bundesheer nötig ist. Was ihm gelungen ist: Der Heer sollte helfen, das Funktionieren der Gesellschaft zu gewährleisten.
Das Problem ist nur: Laut Starlinger ist die Truppe in den vergangenen Jahren zu Tode gespart worden; und wie man heute weiß, ist auch unter Verteidigungsministerin Tanner keine Änderung dieses verhängnisvollen Kurses geplant.
Thomas Starlinger hat nicht vergessen, darauf hinzuweisen, was das bedeuten könnte. Das Bundesheer werde unter anderem folgende Fähigkeiten verlieren: Die Bereitstellung von 12.500 Soldaten für Katastropheneinsätze und 2200 Soldaten für Assistenzeinsätze an den Grenzen sowie „die unabdingbare, bedrohungsgerechte rasche Reaktionsfähigkeit am Beginn einer Schutzoperation durchhaltefähig und unter Berücksichtigung des Gleichzeitigkeitsbedarfes bereitstellen zu können“.
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