Kein Sparpaket, keine Entlastung

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ANALYSE. ÖVP und Grüne ändern ihre Reformpläne auch ohne Überarbeitung des Regierungsprogramms: Senkung der Einkommensteuer ist keine mehr zu erwarten.

Es wäre absurd, würden ÖVP und Grüne so tun, als müssten sie das Regierungsprogramm, das sie vor der Coronakrise erstellt haben, nicht ändern. Durch die Krise ist es „reine Makulatur“ geworden, wie der Sozialforscher Bernd Marin in seinem Buch („Die Welt danach“) festhält. Genauso fragwürdig ist es freilich, dass sie ohne ausdrücklichen Hinweis darauf einfach einen anderen Weg einschlagen – auch wenn dieser begründbar sein mag: Es führt dazu, dass sehr viele Wählerinnen und Wähler gewisse Überraschungen erleben könnten.

Das neue Regierungsprogramm lässt sich ein Stück weit aus dem „Stabilitätsprogramm 2020 – 2024“ herauslesen, das Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) gerade nach Brüssel geschickt hat; es enthält zumindest budgetäre Belange. Während im Vorgängerprogramm, das vor einem Jahr erstellt worden ist, Begriffe wie „Steuerreform“ und „Entlastung“ noch eine besondere Rolle gespielt haben, ist das hier nicht mehr der Fall.

Klar: Die Republik hat in der Krise sehr viel Geld „in die Hand“ genommen, verzeichnete höhere Ausgaben und niedrigere Einnahmen, also massivere Defizite und einen kräftigen Anstieg der Schulden. Das ändert vieles. Andererseits: Sparpaket ist keines geplant. Zu einer Rückkehr „zu einer nachhaltigen Budgetpolitik“ sollen erstens das „niedrige Marktzinsumfeld“ und die „weiterhin stark expansive Geldpolitik der EZB“ beitragen. Zweitens soll die Konjunktur wieder in Schwung gebracht werden. Geht das auf, sollen sich alle Probleme offenbar wie von selbst lösen.

Zur Konjunktur gibt es „Anreize für privatwirtschaftliche Investitionen sowie öffentliche Investitionen in die Zukunftsbereiche Klimaschutz und Digitalisierung“. In den Worten von Blümel soll das der „Comeback-Turbo“ sein. In Wirklichkeit setzt er aber auch auf etwas ganz Anderes: Dass die Menschen in Österreich die vielen Milliarden, die sie in der Krise zusätzlich gespart haben, ausgeben, nämlich. „Davon (ob sie das tun), wird abhängen, ob es zusätzlich zu bereits im Vorjahr umgesetzten Maßnahmen wie z.B. der Senkung der ersten Stufe der Einkommensteuer weitere Anreize, finanzielle Unterstützungen oder steuerliche Entlastungen braucht.“ Sprich: Steigern die Leute mit dem Ersparten den privaten Konsum, ist – anders als im Regierungsprogramm vorgesehen – keine Senkung der übrigen Einkommensteuer-Stufen zu erwarten. Von ihr ist im neuen Stabilitätsprogramm keine Rede mehr, weder 2021, noch in den Folgejahren bis einschließlich 2024, wenn die Legislaturperiode spätestens ausläuft und wieder gewählt werden wird.

Sehr wohl weiterhin auf der Agenda steht eine Ökologisierung des Steuersystems: Gearbeitet wird „sowohl an einer CO2-Bepreisung als auch an einer Reform klimaschädlicher Subventionen“. Das könnte (z.B.) nicht nur auf eine Abschaffung des Dieselprivilegs, sondern auch auf eine generelle Sprit-, Heizöl- und Gaspreiserhöhung hinauslaufen. Aber was weiß man: Was Grüne gerne hätten, gefällt nicht allen Türkisen. Karlheinz Kopf, Wirtschaftskammer-Generalsekretär und ÖVP-Abgeordneter, ortet „ideologiegetriebene Bestrafungsfantasie“ und stellt sich dagegen. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) schließt eine Belastung sozial Schwacher und von Pendlern de facto aus: Eine solche dürfe nicht erfolgen, erklärte er vor wenigen Tagen.

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