Bedrohlicher Finanzausgleich

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ANALYSE. Wenn sich Länder und Gemeinden mit ihren Forderungen durchsetzen, kann der Bund Pensionen kürzen oder zusperren. (Und das ist jetzt nur leicht zugespitzt formuliert.)

Die Berichte über die jüngste Verhandlungsrunde über einen neuen Finanzausgleich im Wiener Rathaus vermitteln den Eindruck, dass die Landeshauptleute Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zu sich zitierten. Dieser Ausdruck realpolitischer Machtverhältnisse ist nicht ganz neu, aber insofern ernst zu nehmen: Das Gewicht der Bundes-ÖVP im Allgemeinen und von Brunner im Besonderen ist überschaubar. Man könnte auch sagen: Gegenüber den Ländern stimmen die Verhältnisse nicht mehr, sind sich die sechs noch immer sehr selbstbewussten ÖVP-Landeshauptleute doch auch noch einig mit ihren drei sozialdemokratischen Amtskollegen.

Anders formuliert: Um ernsthaft Bundesinteressen vertreten zu können bei den Verhandlungen, bräuchte Brunner die Unterstützung eines starken Kanzlers, der gleichzeitig ja auch ÖVP-Bundesobmann ist. Aber der Amtsinhaber ist Karl Nehammer, der nach Sebastian Kurz die undankbare Aufgabe übernommen hat, Nachlassverwalter zu spielen und auf eine krachende Wahlniederlage zuzusteuern.

Insofern ist es bedrohlich, dass es Länder- und Gemeindevertreter beim Finanzausgleich mit einem schwachen Vis-à-vis zu tun haben. Dass sie mit ihren Forderungen sehr weit kommen könnten. Weiter als es der Bund verkraften könnte.

Ihre Forderung lautet, ihre (Steuer-)Ertragsanteile von 20 auf 25 Prozent (Länder) bzw. zwölf auf 15 Prozent (Gemeinden) er erhöhen. Wenn man das beim heurigen Budgetvollzug durchspielt, würde es bedeuten, dass die Länder von Jänner bis Juli nicht 11,7, sondern 14,6 Milliarden Euro und die Gemeinden nicht 7,6, sondern 9,5 Milliarden Euro bekommen hätten. Und dass dem Bund, der unter anderem ja auch noch einen EU-Beitrag abzuliefern hat, netto nicht 33,9, sondern 29,1 Milliarden Euro der Steuereinnahmen geblieben wären.

Die 33,9 Milliarden Euro haben ohnehin schon nicht gereicht. Die 29,1 Milliarden Euro hätten es naturgemäß noch viel weniger getan. Ein entsprechend höheres Defizit wäre die Folge gewesen.

Und schon sehr bald würden auf dieser Basis erhebliche Einschnitte notwendig werden. Nur zwei Beispiele: Die Auszahlungen für Pensionen machten in den ersten sieben Monaten dieses Jahres summa summarum 14,7 Milliarden Euro aus. Das entspricht mehr als der Hälfte der erwähnten 29,1 Milliarden Euro. Und die (schier) alternativlosen Zahlungen für Finanzierungen (Schulden bzw. Zinsen) beliefen sich – bei stark steigender Tendenz – auf 5,6 Milliarden Euro. Das ist gut ein Fünftel der 29,1 Milliarden Euro. Da bleibt nicht mehr viel übrig für Bildung, Wissenschaft, Klimapolitik etc.

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