Wir und Europa

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ANALYSE. Die USA setzen auf eine Zerschlagung der EU und daher eben auch auf Politiker wie Kickl. Umso verhängnisvoller ist, was hierzulande läuft.

Die USA unter Donald Trump: Kein kritisches Wort Richtung Russland, aber Richtung EU. Sie untergrabe Freiheit und Souveränität, schädige mit ihrer Migrationspolitik den Kontinent und behindere die freie Meinungsäußerung. Aber es gebe Hoffnung: Der Einfluss „patriotischer“ Parteien wachse. Damit gemeint sind in der neuen Sicherheitsstrategie aus Washington unzweifelhaft die AfD und Fidesz etwa; und die FPÖ von Herbert Kickl. Sie sind es, die die EU ebenfalls erledigen wollen.

Kickl hat es im Rahmen der Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP heuer zu Jahresbeginn ganz offen getan, wie dem Protokoll von damals zu entnehmen ist: „Souveränität statt Zentralismus“, heißt es darin etwa. Also zurück zu einem Europa der Nationalstaaten.

Wenn am kommenden Sonntag Wahlen wären, würde die FPÖ sehr wahrscheinlich so stark zulegen, dass sich die ÖVP eher wieder auf Verhandlungen einlässt. Dass Kickl also zu einer zweiten Chance kommen würde, die insofern sogar besser sein könnte als die erste, als sich vielleicht nicht einmal mehr eine schwarz-rot-pinke Regierung ausgeht.

Nicht nur das sollte man sich vor Augen halten im Lichte der weltpolitischen Ereignisse: Österreich ist auch insofern nah dran, ein nützliches Land für Trump genauso zu werden wie für Putin, als der Aufstieg der FPÖ nicht trotz ihrer Anti-EU-Politik erfolgte, sondern gerade auch wegen dieser.

Das bestätigt sich von Europabarometer-Befragung zur Eurobarometer-Befragung. In kaum einem anderen EU-Land steht die EU so schlecht da wie in Österreich. Egal, um welche Fragestellung es geht, es zeigt sich immer wieder. Glauben europaweit 23 Prozent, dass man keinen Vorteil habe durch die EU-Mitgliedschaft und sind es in Deutschland und Ungarn jeweils „nur“ 22 Prozent, so handelt es sich hierzulande um 33 – das sind um die Hälfte mehr und so viele wie sonst nirgends.

Mag sein, dass es keine Mehrheit für einen Austritt gibt, jetzt würde es aber mehr denn je um ein Bekenntnis zu einem stärkeren Europa gehen. Das ist auf politischer Ebene die Ausnahme. In der Regierung beschränkt es sich auf die Neos, die mit Beate Meinl-Reisinger ja die Außenministerin stellen.

Der SPÖ ist traditionell eine soziale EU wichtig. Das ist ein anderes Feld. Von Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) ist kein Standpunkt bekannt, gibt es daher auch kein Werben für etwas.

Europaministerin Claudia Plakolm (ÖVP) verwechselt Europa- mit Innenpolitik. Zu ihren jüngsten Beiträgen zählen eine Absage an ein höheres EU-Budget und die Ankündigung – an der Seite ihres ungarischen Amtskollegen János Bóka übrigens – eine Allianz gegen Hassprediger im Netz zu bilden.

Das ist vieles, aber kein Beitrag für ein starkes Europa. Im Regierungsprogramm würde Relevantes dazu stehen. Zum Beispiel ein Bekenntnis zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, ja sogar die Ansage, sich aktiv daran zu beteiligen. Dazu fehlt aber so viel: Es wäre notwendig, öffentlich darüber zu reden, was Putin und Trump für Europa und damit auch Österreich bedeuten. Es wäre entscheidend, sich das nicht durch bloße Hinweise auf die Neutralität zu ersparen. Es wäre Bewusstseinsbildung gefragt, die proeuropäische Mehrheiten sichert.

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