Land ohne Außenpolitik

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ANALYSE. Im Ukraine-Konflikt macht sich Österreich lächerlich. Kein Wunder: Die Prinzipienlosigkeit ist groß. Von Neutralität wird viel geredet, praktiziert wie sie nicht.

Was ausschaut wie eine Renaissance der Neutralitätspolitik, ist keine: In Regierungsprogrammen zu Beginn der 2000er Jahren war kein Bekenntnis mehr dazu enthalten. Im Gegenteil, es ging eher darum, sich um eine militärische Beistandsgarantie auf europäischer Ebene zu bemühen und die immerwährende Neutralität damit de facto abzuschaffen. In den Regierungsprogrammen von 2018 (ÖVP, FPÖ) und 2020 (ÖVP, Grüne) wird dagegen mehrfach eine aktiven Neutralitätspolitik angekündigt; und zwar insofern auch umfassend, also sie in Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik zum Ausdruck kommen sollte. Beispielhafte Botschaft aus dem gegenwärtigen Programm, das federführend von Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) fixiert worden ist: „Mit aktiver Neutralitätspolitik wird ein eigenständiger Beitrag Österreichs zu Frieden und Sicherheit in Europa (im Rahmen der GASP) und in der Welt geleistet.“ Ganz in diesem Sinne sollte auch die Rolle des Landes „als Vermittler in internationalen Konflikten im Sinne einer aktiven und engagierten Friedensdiplomatie“ gestärkt werden.

Jetzt, wo es darauf ankommen würde, ist nichts davon erkennbar. So viel man in der Vergangenheit von der Neutralität geredet hat, so wenig hat man sie gelebt. Das müsste ja nicht nur im Ernstfall getan werden, sondern auch zwischen den Zeiten. Sicherheits- und Verteidigungspolitik gibt es gar keine wahrnehmbare, Außen- ist eher Teil der Innenpolitik im Allgemeinen und der Flüchtlingspolitik im Besonderen. Man sucht hier vorzugsweise die Nähe zu Gleichgesinnten wie Ungarn bzw. gerne auch die Konfrontation mit einem zumindest unter Angela Merkel anders tickenden Deutschland.

Im Ukraine-Konflikt wirkt Österreich zum einen wie ein bloßer Kommentator des Weltgeschehens und zum anderen wie ein lächerlicher Akteur, der halt doch gerne eine bedeutende Rolle spielen würde. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wurde vor wenigen Tagen mit den Worten zitiert, es sei eines Erachtens „sehr realistisch“, dass es zu einem punktuellen Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine kommen werde. Was bezweckt er mit dieser Einschätzung? Welche Bedeutung hat sie?

Von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sind keine Antworten zu erwarten. In der ZIB2 vom 25. Jänner beschrieb er die „besonders angespannte“ Situation folgendermaßen: „Wir setzen auf Diplomatie und Abschreckung, einerseits basteln wir sozusagen, oder arbeiten im Hintergrund an einem ganz massiven Sanktionspakt, aber gleichzeitig laufen die diplomatischen Kanäle heiß, sei es zwischen NATO und Russland, sei es zwischen der (sic!) USA und Russland, sei es im Normandie-Format.“

Und der Beitrag Österreichs? Neutralität tut nichts zur Sache. Der Vorschlag des Politikwissenschaftlers Heinz Gärtner, der Ukraine einen völkerrechtlich neutralen Status zu gewähren, an den Raimund Löw jüngst in einem Falter-Newsletter erinnert hat, wird nicht einmal ignoriert. Vielleicht ist er ja auch illusorisch. Was aber stattdessen? Natürlich: Diplomatie, miteinander reden, nicht schießen. Schallenberg spricht sich für einen „Dialog auf Augenhöhe mit Russland“ aus. Das jedoch ist viel verlangt von Russland, sagt Schallenberg doch auch von vornherein ganz offen, dass man dem Land bei den Gasexporten nicht wehtun wolle – zu groß sei die Abhängigkeit.

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