Mit neuen „Knallern“ ist zu rechnen

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BERICHT. Zahl der Asylanträge hat stark zugenommen: Für die angeschlagene ÖVP ist die Verlockung groß, das aufzugreifen.

Mit einer Wiederholung der Flüchtlingskrise 2015 ist nicht zu rechnen, die Verhältnisse im gesamten Mittelmeerraum sind so, wie sie mittlerweile als „normal“ gelten: Seit einigen Jahren sind sie stabil. Das zeigt ein Blick auf das Dashboard, das das UN-Hochkommissariat UNHCR führt. Größere Veränderungen gibt es jedoch in Österreich: Mit 5830 Asylanträgen wurden im November so viele in einem Monat verzeichnet wie nie mehr seit Anfang 2016. Damals ging die Zahl rück, heute steigt sie. Von 12.289 wie im Herbst 2015 ist sie freilich weit entfernt.

Insgesamt wurden laut Innenministeirum in den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres 34.118 Anträge eingebracht. Gut zwei Drittel davon kamen von syrischen (14.177) und afghanischen Staatsangehörigen (6981).

Ob die Politik hier irgendwelche Differenzierungen vornehmen wird, steht zu bezweifeln. Als sich Sebastian Kurz einst auf den Weg ins Kanzleramt machte, bemühte sich sein Berater Stefan Steiner im Innenministerium (damaliger Ressortchef: Nationalratspräsiden Wolfgang Sobotoka) angeblich um „fremdenrechtliche Knaller“. Das berichtet die Seite zackzack.at unter Berufung auf Chats. Tatsächlich hat Kurz mit diversen „Knallern“ sein Profil so weit geschärft, dass es ihm sogar gelungen ist, den Freiheitlichen tausende Wählerinnen und Wählern abzunehmen. Ohne sie hätte die ÖVP letztlich nie und nimmer einen Stimmenanteil von 37,5 Prozent (Nationalratswahl 2019) erreicht.

Heute ist sie in Umfragen weit entfernt davon. Das liegt aber an der Selbstdemontage von Kurz und diversen Chats, durch die der 35-Jährige und seine Mitstreiter ihr Innerstes preisgaben. Nicht an der Flüchtlingspolitik. Sprich: Man sollte davon ausgehen, dass die ÖVP unter ihrem designierten Obmann, Kanzler Karl Nehammer, dieses Thema wieder hervorkehrt. Gründe, abzulenken, hat er viele. Unter anderem auch von der Coronapolitik.

Nehammer, einst Generalsekretär unter Kurz in der Partei und Innenminister unter demselben in der Regierung, ist sich in der Frage treu geblieben. Zwischen Weihnachten und Neujahr stellte er sich gegen die Aufforderung des Papstes, Flüchtlinge aufzunehmen. Vor nicht allzu langer Zeit war er nicht einmal in Bezug auf ein paar Kinder in einem griechischen Lager dazu bereit; das wäre offenbar schon zu viel irritierendes Symbol für die eigene Klientel gewesen. Sein nunmehriger Innenminister Gerhard Karner stellte gleich zu seinem Amtsantritt klar, dass er eine „konsequente Linie im Asyl und Migrationsbereich fortsetzen“ werde.

Die Umgang mit anstehenden Herausforderungen wird zur Probe. Tatsächlich Handlungsbedarf scheint es auf EU-Ebene zu geben, wie die Diskrepanz zwischen den eingangs erwähnten Zahlen nahelegen: Es kommen zwar nicht mehr Flüchtlinge nach Europa, aber ins Binnenland Österreich.

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