ZAHLEN ZUM TAG. Der Kanzler sprach sich im ORF-Sommergespräch gegen die Aufnahme gefährdeter Menschen aus Afghanistan aus. Genau das ist jedoch Praxis.
Mehrere Aussagen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im ORF-Sommergespräch sind kaum bis gar nicht belastbar. Beispiel 1: Österreich sei besser durch die Coronakrise gekommen als die meisten anderen Staaten. Wie hier ausgeführt, war zumindest der wirtschaftliche Einbruch größer als im EU-weiten Durchschnitt und etwa in Italien, wo es ausgehend von einem niedrigeren Niveau zunächst zwar ein stärkeres Minus, in weiterer Folge umgehend aber auch eine schnellere Erholung gab (Stand: Frühjahr 2021). Beispiel 2: Österreichs Entwicklungshilfe kann sich laut Kurz sehen lassen. Wie hier berichtet, waren die Zahlungen mit 0,29 Prozent des Bruttonationaleinkommens auch im vergangenen Jahr weit vom UN-„Agenda 2030“-Ziel von 0,70 Prozent entfernt. Länder wie Deutschland oder Dänemark erfüllten es nicht nur, sondern lagen darüber.
Beispiel 3: Wohl im Lichte der oberösterreichischen Landtagswahl, bei der es für die Volkspartei darum geht, zehntausende Wähler von der FPÖ zurückzugewinnen, die sie vor sechs Jahren an diese verloren hat, bekräftigte der Kanzler die Absage, gefährdete Menschen aus Afghanistan aufzunehmen. Zuerst sollten jene integriert werden, die bereits da seien. Das könnte den Eindruck erwecken, Österreich lasse keine weiteren mehr ins Land und gewähre auch keinen Schutz mehr.
Das ist nicht korrekt, wie sich aus der Asylstatistik des Innenministeriums schließen lässt. Von Jänner bis Juli dieses Jahres konnten 2514 afghanische Staatsangehörige einen Asylantrag stellen. Abgesehen davon wurden 1367 Anträge von ebensolchen Bürgerinnen und Bürgern „positiv“ erledigt. Das waren bis zu 227 pro Monat. Das bedeutet, dass im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention Asyl gewährt wurde; oder dass subsidiärer Schutz oder ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen gewährt wurde.
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