Afghanen bleiben eher nicht mehr

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ANALYSE. Im Asylwesen verfestigt sich ein Trend: Österreich ist weniger Ziel- und mehr Transitland geworden.

Wenn von der Asylstatistik die Rede ist, dann ist in der Regel ausschließlich die Antragsstatistik gemeint. Oder – so die Wortwahl des Innenministeriums – die „Belastung“, der Österreich aufgrund der Anträge ausgesetzt sei. Im vergangenen Jahr war sie so groß wie noch nie. Das ist jedoch relativ: Es verfestigt sich der Trend, dass Antragsteller das Land wieder verlassen und das Verfahren daher eingestellt wird. Ausgewiesen wird das in der Statistik unter „sonstige Entscheidungen“. Ihre Entwicklung zeigt, dass Österreich weniger Ziel- und mehr Transitland geworden ist.

Im ersten Jahresdrittel, also von Jänner bis April, ist heuer 4999 Mal Asyl gewährt worden. Hochgerechnet aufs gesamte Jahr entspricht das ungefähr dem Durchschnitt seit 2015. Umgekehrt ist 10.070 Mal kein Asyl gewährt worden. Das ist ein unterdurchschnittlicher Wert. Erklärbar ist er wohl dadurch: Wie schon im vergangenen Jahr entfielen knapp 50 Prozent aller Asylverfahrensentscheidungen auf „sonstige“. Das bedeutet, dass die Verfahren eingestellt wurden, in der Regel, weil sich der oder die Antragsteller:in nicht mehr in Österreich befindet.

Vor dem Jahr 2020 war nicht nur dieser Anteil immer deutlich niedriger, sondern auch die absolute Zahl: Heuer wurden bereits rund 15.000 Verfahren eingestellt. Das waren schon deutlich mehr als etwa 2015 (8009), 2016 (10.992) und 2017 (7005), also in Folge der damaligen Flüchtlingskrise, jeweils bis Dezember.

Drei Viertel der Asylgewährungen betrafen von Jänner bis April 2023 syrische Staatsangehörige, nur etwa ein Zehntel afghanische. Von diesen waren im vergangenen Jahr die meisten Anträge gekommen. Zum überwiegenden Teil bleiben sie jedoch nicht mehr in Österreich. Allein heuer sind bereits 3506 Verfahren eingestellt worden, die sie betrafen.

Extrem sind die Verhältnisse auch bei indischen Staatsangehörigen: In ihrem Fall ist heuer erst ein Mal Asyl gewährt worden. 1810 Mal ist es abgelehnt worden und mehr als doppelt so viele Verfahren sind eingestellt worden (4138).

Kein Asyl zuerkannt zu bekommen, bedeutet noch nicht zwangsläufig, dass die betreffende Person Österreich verlassen muss, sofern sie dies nicht ohnehin tut. Es gibt auch subsidiären Schutz, der es erlaubt, zu bleiben. Ein solcher ist in den ersten vier Monaten dieses Jahres 2539 Mal gewährt worden.

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