ANALYSE. Europa, aber auch Österreich, sind weit von Verhältnisse entfernt, wie sie vor fünf Jahren geherrscht haben. Vor einer Wiederholung zu warnen, ist daher absurd.
Soll Österreich Flüchtlinge aus Moria übernehmen? Nein, sagt die Regierung auf Druck der ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Das würde nur dazu führen, dass weitere „Migranten“ nachfolgen und sich die Verhältnisse wiederholen würden, wie sie vor fünf Jahren geherrscht haben. „2015“ ist so gesehen ein Totschlagargument. Aber ein absurdes.
Das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR erfasst permanent die „Ankünfte“ von flüchtenden Menschen in Europa; und zwar über den Mittelmeerraum bzw. sowohl über See- als auch Landwege. Ergebnis: Allein im Oktober 2015 handelte es sich um 222.800. Heuer waren es von Jänner bis Juli insgesamt nur 48.087, was durchschnittlich keinen 7000 pro Monat entspricht. Ein Grund: die Pandemie. So gab es im April überhaupt nur 1315 Ankünfte.
Diese Entwicklung macht sich auch in Österreich bemerkbar: Seit mehr als zehn Jahren sind nicht mehr so wenige Asylanträge verzeichnet worden. Im Oktober 2015 waren es 12.288. Heuer von Jänner bis Juli insgesamt 6564. Auch in diesem Fall gab es die niedrigste Zahl im April – mit 338.
Dass es für die ÖVP bei alledem jedoch weniger um Fakten als um Stimmungsmache geht, zeigt im Übrigen die Verwendung des Begriffs „Migranten“. Er ist und bleibt so verallgemeinernd falsch. Ein Blick in die Asylstatistik des Innenministeriums zeigt, dass sehr viele Flüchtlinge wirklich Flüchtlinge sind.
Die mit Abstand meisten Asylanträge in Österreich kommen von Syrern und Afghanen. Bei Syrern sind in den ersten sieben Monaten dieses Jahres beispielsweise 154 Anträge „negativ“ und 1323 „positiv“ beschieden worden; bei Afghanen 1678 „negativ“ und 1515 „positiv“: In Summe wurde vom ÖVP-geführten Innenministeriums also sehr, sehr vielen ein Flüchtlingsstatus zuerkannt.
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