ZAHLEN ZUM TAG. Bei der Bundespräsidenten-Wahl 2022 kam mehr als die Hälfte der Stimmen von (ehemaligen) Neos- und Grünen-Wähler:innen.
Dominik Wlazny dürfte mit seiner „Bierpartei“ bei der Nationalratswahl antreten, berichtet ORF.AT und verweist auf eine Erklärung, die er zum Urnengang angekündigt hat. Grund genug, hier darauf einzugehen: Wlazny steht für ein Phänomen der Zeit, das den beträchtlichen Zuspruch für die Kommunisten in Salzburg genauso erklärt wie für die Freiheitlichen bundesweit.
Für diese Aussage spricht folgendes: Bei der Bundespräsidenten-Wahl 2022 erreichte der Wiener beachtliche 8,3 Prozent. Gewählt wurde er laut SORA-Wahltagsbefragung vor allem von Jüngeren. Bei unter 30-Jährigen erreichte er immerhin 20 Prozent. Überdurchschnittlich stark schnitt er außerdem bei all jenen ab, die eine negative Entwicklung Österreichs sehen sowie enttäuscht oder verärgert über die Politik sind. Das sind im Moment viele. Laut jüngster Eurobarometer-Erhebung findet fast jeder Zweite, dass sich das Land in die falsche Richtung bewegt. Wobei man berücksichtigen muss, dass das von den Befragten sehr unterschiedlich verstanden werden kann.
Bei der Bundespräsidenten-Wahl hat Wlazny bemerkenswert viele Grünen- und Neos-Wähler angesprochen. Von den insgesamt 337.010 Stimmen, die er erhielt, stammten laut SORA-Wählerstromanalyse 100.000 von Personen, die bei der Nationalratswahl 2019 die Grünen und 85.000, die damals die Neos unterstützt hatten. Das war umso bemerkenswerter als Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der ebenfalls kandidierte, von beiden Parteien unterstützt wurde und bekanntlich ehemaliger Grünen-Sprecher ist.
Über die Gründe kann hier nur spekuliert werden: Im Wissen, dass er eine Mehrheit erreichen muss, bemühte sich Van der Bellen besonders um ländlich-bürgerliche Wähler und blieb in Bezug auf türkise Korruptionsaffären betont zurückhaltend. Das motivierte einen Teil der Grünen- und Neos-Wähler möglicherweise, Wlazny zu unterstützen, zu dessen Kern zählt, unkonventionell, aber umgänglich zu sein und einfach zu sagen, was er sich denkt. (Dass es schwer ist, zu erfassen, was er politisch alles will, ist ein andere Geschichte.)