ANALYSE. Nach „Marco Pogo“ und zugleich mit Gerald Grosz hat es Tassilo Wallentin sehr schnell geschafft, sich für die Bundespräsidenten-Wahl zu qualifizieren. Das ist eine Ansage.
Umfragen zur Bundespräsidenten-Wahl bringen derzeit wohl eher nur Potenziale zum Ausdruck: Alexander Van der Bellen hat sehr gute Chancen, schon in der ersten Runde auf mehr als 50 Prozent zu kommen und so im Amt bestätigt zu werden. Walter Rosenkranz muss aufpassen, dass er nicht deutlich unter den 21 Prozent bleibt, die seine Partei, die FPÖ, derzeit im Durchschnitt der Umfragen hält. Dominik Wlazny („Marco Pogo“) sowie die (Ex-)Kolumnisten Tassilo Wallentin (Kronen Zeitung) und Gerald Grosz (Österreich) könnten überraschen. Sie haben es sehr schnell geschafft, mehr als 6000 Unterstützungserklärungen zusammenzubringen. Gut, bei Wallentin ging dem ein Aufruf inklusive Formular in der Sonntagskrone voraus, nach zwei, drei Tagen waren aber schon genug Bürgerinnen und Bürger auf dem Gemeindeamt, um die Erklärung bestätigen zu lassen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Vor allem aber erreichten die drei Kandidaten in einer aktuellen „profil“-Umfrage schon einmal fünf bis sechs Prozent. Das muss man erst einmal zusammenbringen.
Die Erklärung, dass neben Van der Bellen grundsätzlich sehr viel Potenzial bleibt, reicht nicht. Van der Bellen wird unter anderem von Grünen und Sozialdemokraten unterstützt. Umso bemerkenswerter ist der Zuspruch, den Domink Wlazny erfährt. Er kommt aus dieser Richtung. Auf der anderen Seite müsste der Platz rechts der Mitte durch Rosenkranz ziemlich gut ausgefüllt sein. Er ist es aber nicht, wie Grosz und Wallentin erahnen lassen.
Hier ist sehr viel in Bewegung gekommen. These: Die wachsende Unzufriedenheit mit der Regierung erhöht den Zuspruch für Kandidaten, die vorgeben, ein aktiver Präsident zu sein, der Kanzler und Co. auf die Finger haut und allenfalls entlässt; der für neue politische Verhältnisse sorgt. Grosz, Rosenkranz und Wallentin bestätigen mehr oder weniger deutlich, dass sie eine solche Erwartungshaltung erfüllen würden, bei Wlazny ist es möglicherweise eher so etwas wie eine unkonventionelle, bisweilen augenzwinkernde Art, die diese weckt.
Das erste Problem für Van der Bellen bzw. die erste Chance für diese Kandidaten: Eine Mehrheit ist mit der Regierung unzufrieden. Zweitens: Van der Bellen demonstriert ein Amtsverständnis, das dem Geist der Verfassung gerecht wird. Man kann ihm vorwerfen, dass er in Bezug auf blaue Affären deutlicher ist als auf türkise. Schon die Kritik, dass er jetzt dann nicht wirklich auf den Tisch haut und aufräumt, geht jedoch zu weit: Es ist gut und richtig, dass der Bundespräsident immer auch die parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse respektiert. Er ist direkt gewählt, der Nationalrat ist direkt gewählt. Wenn auf parlamentarischer Ebene eine Mehrheit weiterhin für die türkis-grüne Regierung ist, kann er sie nicht einfach so entlassen, nur weil die in Umfragen erhobene Stimmung gegen sie gekippt ist. Sonst könnte man gleich ein (sagen wir) monatliches e-Voting anstelle von National- und Bundespräsidenten-Wahlen einführen.
Das Problem für Van der Bellen bei diesem Punkt ist, dass es kein breites Verständnis für diese Machtaufteilung gibt. Und dass im kommenden Wahlkampf auch keine harte Auseinandersetzung darüber stattfinden wird. Aus nachvollziehbaren Gründen will sich der Amtsinhaber keiner TV-Konfrontation mit einem Mitbewerber stellen. Damit verlieren diese zwar eine Möglichkeit, sich vor großem Publikum zu profilieren, aber auch Aussagen zu tätigen, die sie entlarven.
Zur Erinnerung: Norbert Hofer entfuhr bei einer solchen Runde einst das bereits legendäre „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist“. Das war fatal für ihn, es wirkte bedrohlich für eine Masse und erinnerte daran, dass ein Bundespräsident sehr viel aus- oder auch anrichten kann, wenn er will. Was wiederum dran liegt, dass Kompetenzen, wie das Notverordnungsrecht, so unbestimmt sind, dass wirklich allerhand möglich ist – insbesondere in der Sommerpause, zwischen den Tagungen des Nationalrats, oder erst recht nach dessen Auflösung, wie sie Rosenkranz auf Vorschlag einer ihm gefälligen Übergangsregierung erwägt (Vgl. Ewald Wiederin dazu).
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