ANALYSE. In Kärnten zeigt sich, wie wichtig Selbstkontrolle wäre. Es geht um eine potenzielle Beeinflussung des Souveräns.
Umfragen liegen nicht immer daneben. In Tirol taten sie es, in Niederösterreich nicht und in Kärnten nun wieder. Aber wie: Der SPÖ wurden in den Wochen vor der Landtagswahl vom 5. März bis zu sieben Prozentpunkte mehr ausgewiesen als sie schließlich erreichte, der ÖVP durchwegs sechs oder sieben Prozentpunkte weniger. In ihrem Fall machte das einen riesigen Unterschied: Laut der Institute IFDD und Market/Paul Lazarsfeld Gesellschaft lag sie im Februar bei zehn, laut Peter Hajek bei elf Prozent. Umso nachvollziehbarer ist, dass sie am Wahlabend über 17 Prozent jubelte, als hätte sie die Absolute gewonnen.
Umfragen sind spannende Elemente, die unter anderem von Medien in Auftrag gegeben werden. Mit ihnen geht aber auch dies einher: Veröffentlichte Ergebnisse teilen dem Souverän mit, wie er angeblich ticke. Das hat etwas Anmaßendes. Umso wichtiger wäre es, dass Medien von sich aus (Mindest-)Qualitätskriterien festlegen – und auch einhalten bzw. Verstöße im Rahmen einer Selbstkontrolle, wie sie im Rahmen des Presserates erfolgt, öffentlichkeitswirksam feststellen.
Eine Missachtung von Qualitätskriterien ist etwas potenziell Fahrlässig-Manipulatives: Es nimmt in Kauf, dass dem Souverän einfach irgendetwas vorgemacht wird, was seine Wahlentscheidung beeinflusst.
Qualitätskriterien gibt es. Zum Beispiel für Sonntagsfragen. Fixiert worden sind sie allerdings nicht von Medien, sondern vom Verband der Meinungsforschungsinstitute. Berücksichtigt werden sie nicht immer, um es vorsichtig zu formulieren. Nötig wäre es etwa, Befragungen nicht nur online, sondern immer auch telefonisch durchzuführen; und nicht zuletzt auf der Website des Instituts Detailangaben zu machen.
Immerhin: Bei einer von drei in den Wochen vor der Kärntner Wahl veröffentlichten Umfragen gibt es nun eine Aufarbeitung; und zwar durch die „Kleine Zeitung“, die sie in Auftrag gegeben hat und das Hajek-Institut, das sie durchgeführt hat. Das ist vorbildlich. Zumal das Institut seine Befragung im Februar sehr wohl auch telefonisch vornahm und man davon ausgehen kann, dass sich in den drei Wochen bis zum Urnengang nicht so viel geändert hat, dass sich die Abweichungen allein dadurch erklären lassen würden.
Es zeigt vielmehr, dass man nicht sorgfältig genug arbeiten kann. Gerade bei Landtagwahlen: In Zeiten, in denen es grundsätzlich nur noch wenige Stammwähler gibt und Landespolitik bei einer Masse nicht so präsent ist, dass sie sich Wochen vor einer Entscheidung definitiv festgelegt hat, ist es extra-schwierig, auch nur eine Momentaufnahme zu machen.
Zweitens: Selbst wenn man nur einen Teil einer Befragung online durchführt, kann es schwierig sein, bei Älteren auf eine repräsentative Gruppe zu kommen. Bei ihnen, die einen sehr großen Teil der Wählerschaft ausmachen, müsste man es eher nach wie vor nur telefonisch versuchen. Laut Statistik Austria haben zum Beispiel rund 20 Prozent der 65- bis 74-jährigen Männer und fast doppelt so viele Frauen dieses Alters „noch nie Internet genutzt“. Umgekehrt tut es nur etwa ein Drittel der 65- bis 74-jährigen Frauen zumindest fast jeden Tag. Bei Männern ist der Anteil höher (rund 60 Prozent). Das aber ist Voraussetzung, um bei einer Onlinebefragung auch nur erreicht werden zu können.