Von Informationsfreiheit noch weit entfernt

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ANALYSE. Notwendig ist nicht nur eine Gesetzesänderung, sondern auch ein Kulturwandel. Und ohne Informationsfreiheitsbeauftragte ist ein solcher fraglich.

Natürlich wäre es ein wichtiger und historischer Schritt, wenn es ÖVP und Grünen gelingen würde, mit erforderlicher Unterstützung der SPÖ auf parlamentarischer Ebene das Amtsgeheimnis durch Informationsfreiheit zu ersetzen. Zu viel sollte man sich davon jedoch nicht erwarten.

Geplant ist etwa, Bund, Länder und Gemeinden ab 5000 Einwohner zu proaktiver Veröffentlichung von Informationen zu verpflichten, die von allgemeinem Interesse sind. Das wird noch eine Reihe von Fragen und Problemen aufwerfen: Die 5000-Einwohner-Grenze ist beispielsweise absurd. Hier geht es um etwas Grundsätzliches, nämlich Offenheit. Warum soll daher eine Gemeinde wie Oberwaltersdorf, die Anfang 2022 exakt 4.943 Einwohner hatte, nicht davon betroffen ein? Bzw. wie kommt sie dazu, es 2023 mit nur 70 Einwohnern mehr, insgesamt also 5013, zu sein? Andererseits: Friesach, Kärnten, wäre 2016 von der Verpflichtung entbunden worden. Da ist die Bevölkerung auf weniger als 5000 gesunken (auf 4989 nach 5010 im Jahr davor). Das unterstreicht, wie problematisch diese Grenzziehung ist.

Vor allem aber: Was ist von „allgemeinem Interesse“? Das wird über viele Jahre hinweg erst ausjudiziert werden müssen. Noch wichtiger: Bestehende Transparenzportale, wie jene zu Förderungen oder Inseraten, lehren, dass man das Ganze so umsetzen kann, dass ein gewöhnlicher Bürger, eine gewöhnliche Bürgerin exakt gar nichts damit anfangen kann.

Das entspricht dem Widerwillen, den Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zum Ausdruck brachte, als er 2022 meinte, es dürfe nicht sein, dass „Querulanten“ auf Basis der Informationsfreiheit die Verwaltung lahmlegen.

„Verwaltung nicht lahmlegen“, das hat jetzt auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) im Ö1-Journal zu Gast gefordert: Das ist großen Teilen der Politik die größte Sorge. Dabei geht es um etwas, was eine demokratische Selbstverständlichkeit sein müsste: Bürgerinnen und Bürger bilden den Souverän, ihnen ist der Staat Auskunft schuldig.

Zentral wird die Möglichkeit sein, auch bei kleinen Gemeinden Informationen zu beantragen. Werden sie nicht gewährt, kann man sich an Verwaltungsgerichte wenden und bis hinauf zum Verwaltungsgerichtshof ziehen. Das ist gut und im Einzelfall zwar langwierig, aber wirkungsvoll.

Ausreichend ist es trotzdem nicht. Aufgrund des erwähnten Widerwillens braucht es Informationsfreiheitsbeauftragte, wie es sie in Deutschland gibt. Sie können – im Unterschied zu einem Verwaltungsgericht – zwar nichts durchsetzen, aber eine wichtige Lobby für Informationsfreiheit bilden, den nötigen Kulturwandel also anschieben und beschleunigen.

Informationsfreiheitsbeauftragte verfügen politisch über Gewicht. Sie können auf Missstände (wie bei den bestehenden Transparenzportalen) genauso hinweisen wie auf ihre Standpunkte dazu, wie Informationsfreiheit auszulegen ist. In Deutschland haben sie 2022 etwa festgestellt, dass relevante Nachrichten von Politiker:innen über SMS und Messenger unter das Informationsfreiheitsgesetz fallen würden und Chats daher zu den Akten müssten. Die Seite netzpolitik.org bezeichnete das als „klare Botschaft nach Berlin“. – Hierzulande würde Vergleichbares nicht schaden. Im Gegenteil.

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