Universitäten: Kirche nimmt Einfluss

BERICHT. Grüne sehen bei Personalentscheidungen „eindeutigen Konflikt“ mit der Freiheit der Wissenschaft. Kardinal Schönborn ließ Lehrbefugnis aufgrund einer Scheidung und anschließenden Wiederverheiratung entziehen. 

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BERICHT. Grüne sehen bei Personalentscheidungen „eindeutigen Konflikt“ mit der Freiheit der Wissenschaft. Kardinal Schönborn ließ Lehrbefugnis aufgrund einer Scheidung und anschließenden Wiederverheiratung entziehen.

„Die Einflussmöglichkeiten für die kirchlichen Behörden an den öffentlichen Universitäten stehen in eindeutigem Konflikt mit dem verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz der Wissenschaftsfreiheit“, schreiben die Grün-Abgeordneten Sigrid Maurer und Wolfgang Zinggl in einer parlamentarischen Anfrage an das zuständige Regierungsmitglied Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Mitterlehner widerspricht. Dabei gibt es konkrete Fälle, die zeigen, dass die Kirche Einfluss nimmt.

Verletzt das Konkordat die Freiheit der Wissenschaft? Die Grünen verweisen auf konkrete Einflussmöglichkeiten: Bei Personalbestellungen an theologischen Fakultäten ist eine „Unbedenklichkeitserklärung“ der Kirchenbehörden einzuholen (ein sogenanntes „nihil obstat“). Auf der anderen Seite können sie Professoren und Dozenten, die sie nicht mehr für geeignet halten, abberufen lassen.

Vorgekommen ist in den vergangenen Jahren beides, wie Berichte zeigen, die Mitterlehner von den Unis einholte: An der Uni Wien gab es seit 2002 beispielsweise eine Verweigerung des „nihil obstat“: „Dies geschah im Berufungsverfahren für die Professur für Dogmatik (und Dogmengeschichte) im Jahr 2009. Eine Begründung für die Verweigerung des ,nihil obstat‘ ist rechtlich nicht vorgesehen und unterblieb daher.“ Anschließend seien „mit einem anderen gelisteten Kandidaten Berufungsverhandlungen aufgenommen“ worden: „Dieser Kandidat erhielt schließlich das ,nihil obstat'“.

„2012 wurde Dr. Roland Faber die Lehrbefugnis aufgrund seiner Scheidung und staatlichen Widerverheiratung entzogen.“

Ebenfalls an der Universität Wien gab es seit 2002 eine Abberufung, wie sie selbst außerdem berichtet: „2012 wurde an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien Dr. Roland Faber die Lehrbefugnis im Fach Dogmatik aufgrund seiner Scheidung und staatlichen Wiederverheiratung gem. §38 Abs 1 Universitätsgesetz 2002 iVm Art. 5 § 4 des Konkordats von 1933 entzogen. Die Enthebung wurde vom kirchlich zuständigen Ortsordinarius Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn 2008 eingefordert.“ Das Dienstverhältnis mit Faber, der seit 2006 für eine Lehrtätigkeit in Kalifornien freigesellt und ab 2009 karenziert gewesen sei, sei in der Folge Ende Februar 2013 beendet worden.

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Wissenschaftsminister Mitterlehner teilt die Vorbehalte der Grünen indes nicht: „Das Grundrecht der Freiheit der wissenschaftlichen Lehre und Forschung ist ein Grundrecht, das ,einen Kernbestand der Universitätsautonomie verfassungsrechtlich gewährleistet. Daraus folgt, dass den staatlichen Universitäten in den Angelegenheiten der Wissenschaftsverwaltung autonome Entscheidungsbefugnisse zukommen und den dort tätigen Wissenschaftlern in Angelegenheiten der wissenschaftlichen Forschung und Lehre Weisungsfreiheit einzuräumen ist.’ (Walter Berka, Verfassungsrecht, 5. Auflage, S. 511)“, scheibt Mitterlehner in seiner Anfragebeantwortung: „Die Mitwirkung kirchlicher Stellen an Personalentscheidungen erscheint mit diesem Grundrecht kompatibel.“

> Zur Anfragebeantwortung von Wissenschaftsminister Mitterlehner und den Uni-Berichten.

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