Sobotka vs. Informationsfreiheit

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ANALYSE. Der Nationalratspräsident fordert ein Zulassungsverfahren für soziale Netzwerke. Ein solches wäre so bedrohlich wie es Fake News sind.

Auf einer Konferenz in Prag hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) diese Woche einen Vorstoß gemacht, der nicht untergehen sollte: Der Niederösterreicher fordert ein „Registrierungs- und Zulassungsverfahren für Algorithmen, künstliche Intelligenz und Social-Media-Plattformen“. So solle die Verbreitung von Fake News und Desinformation bekämpft werden.

Problem: Nicht nur diese können gefährlich sein, es wäre auch ein solches Verfahren, zumal es laut Sobotka vom Parlament, also zutiefst politisch, geführt werden sollte. Konkret solle es möglich werden, einen Marktzugang zu unterbinden, so der Nationalratspräsident.

Auf diese Idee muss man erst einmal kommen. Sie erinnert an den „digitalen Krisenstab“, der zu Beginn der Pandemie im Bundeskanzleramt eingerichtet wurde und dessen Aufgabe es war, Falschinformationen aufzuspüren und richtigzustellen. Leiter: Mister Message Control Gerald Fleischmann, der später gestand, im Sinne seines damaligen Chefs Sebastian Kurz gerne auch Unsinn verbreitet zu haben, um von Relevantem abzulenken. Womit auch schon zum Ausdruck kommt, wie problematisch das Ganze ist. Die beiden Tätigkeiten und Rollen sind schlicht unvereinbar.

Keine Frage: In sozialen, aber auch anderen Medien, wird viel Mist verbreitet. Fälschungen werden immer schwerer als solche erkennbar. Es muss möglich sein, dagegen vorzugehen. Weil es in allen Medien aber immer auch erlaubt sein muss, Dinge zu verbreiten, die Regierenden lästig sind, dürfen diese ganz grundsätzlich nicht so direkt gegen Medien vorgehen können, wie sich Sobotka das vorstellt. Es würde Machtmissbrauch Tür und Tor öffnen. Ein Mann, der zum Beispiel tickt wie Viktor Orbán, hätte seine Freude damit.

Abgesehen davon ist es absurd, zu glauben, Österreich könne in einer vernetzten Welt eine Informationsinsel bilden. Würde Sobotka nicht nur nicht in den Verdacht kommen wollen, eine böse Absicht zu verfolgen, sondern wäre er zudem ein Europäer, würde er darüber nachdenken, was man auf dieser Ebene tun könnte.

Handlungsbedarf würde es geben. Zunächst wäre es aber naheliegend, bei bestehenden Gesetzen anzusetzen. Es ist ja nicht so, dass man nicht bereits gegen üble Nachrede, Verhetzung oder Wiederbetätigung vorgehen kann. Freiheiten sind begründete Grenzen gesetzt. Darüber hinaus könnte sich Politik um breit aufgestellte Kommissionen und Beiräte bemühen, die zunächst einmal aufzeigen, was noch nötig sein könnte.

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