BERICHT. Unter anderem sei der mehrfache Grundrechtseingriff bei weitem nicht ausreichend begründet, so die Würdenträger der katholischen Kirche.
Das geplante Kopftuchverbot für Kindergartenmädchen stößt auf heftige Kritik durch die österreichische Bischofskonferenz. Wobei sich die Würdenträger der katholischen Kirche insbesondere an der Vorgangsweise stoßen. Viel überlegt hat sich die Bundesregierung demnach nicht bei ihrem Vorhaben, ein gewisses Signal zu setzen.
„Ob es sich um ein tatsächliches Problem handelt, ist bislang nicht eindeutig erhoben worden.“
Vier Fragen stellt die Bischofskonferenz in ihrer Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf – und findet keine befriedigenden Antworten darauf. Wobei ihre Ausführungen zum Teil sehr pikant sind. So zeigt sie sich der verwundert darüber, dass die erläuternden Bemerkungen zum Begutachtungsentwurf „keine Auskunft“ darüber geben, ob das Kopftuchverbot „einem tatsächlichen, in signifikantem Ausmaß auftretenden Problem“ begegnet. Nachsatz: „Ein solcher (Bedarf, Anm.) ist bislang nicht eindeutig erhoben worden. Es wäre daher bloß konsequent, diesen Grundsatz auch auf die in Frage stehende Regelung anzuwenden. In diesem Zusammenhang darf darin erinnert werden, dass auch erst kürzlich mithilfe des 2. Bundesrechtsbereinigungsgesetzes Regelungen ohne Anwendungsbereich aufgehoben werden sollten. Dem gleichen Anliegen würde es daher entsprechen, eine gesetzliche Maßnahme ohne Anwendungsbereich gar nicht erst zu erlassen.“
„Es sind keine ausreichenden Informationen vorhanden, um von der rechtlichen Zulässigkeit der Grundrechtseingriffe überzeugt sein zu können.“
Im Übrigen vermissten die Bischöfe eine Rechtfertigung für den „Eingriff in die Religionsfreiheit (vgl Art 9 EMRK) und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (vgl Art 8 EMRK) der betroffenen Kinder und ihrer Eltern sowie in das Erziehungsrecht der Eltern (vgl Art. 2 des 1. ZP zur EMRK)“; einen solchen Eingriff stelle das Verbot dar. In den Erläuterungen heiße es etwa, dass „das Tragen des islamischen Kopftuches von Kindern in elementaren Bildungseinrichtungen zu einer frühzeitigen geschlechtlichen Segregation fuhren“ könne, und „im Widerspruch zu den Zielen der staatsbürgerlichen Erziehung“ steht: „Nähere Ausführungen zu diesen Aussagen sind dem Begutachtungsentwurf bedauerlicherweise nicht zu entnehmen, sodass aus Sicht des Generalsekretariates der Österreichischen Bischofskonferenz keine ausreichenden Informationen vorhanden sind, um von der rechtlichen Zulässigkeit der Grundrechtseingriffe überzeugt sein zu können.“
„Daher müsste erst überzeugend dargelegt werden, dass das geplante Verbot Integration nicht unterbindet.“
Die dritte Frage der Kirchenvertreter lautet: „Ist die geplante Regelung die geeignete Maßnahme, um das angestrebte Ziel zu erreichen?“ Nach Ansicht von Kardinal Christoph Schönborn und Co. könnte es zielführender sein, „durch Aufklärung, pädagogische Begleitung und Unterstützung sowie einen breiten gesellschaftlichen Diskurs zur Vielfalt einer pluralen Gesellschaft und der Gleichstellung der Geschlechter einer möglichen Segregation entgegenzuwirken, um auf diese Weise die soziale Integration zu ermöglichen bzw. aktiv zu begünstigen. Daher müsste umgekehrt erst überzeugend dargelegt werden, dass das geplante Verbot aufgrund der Einschränkung der individuellen Grundrechte nicht die Integration gerade jener Familien unterbindet, deren Integration das erklärte Ziel der Regierung ist“.
Vierte Frage: „Wurde das Einvernehmen mit den betroffenen Kirchen und Religionsgesellschaften gesucht?“ Offensichtlich ist das nicht der Fall gewesen; die Bischöfe halten jedenfalls fest: „Österreich ist ein religionsfreundlicher Staat, in dem Kirchen und Religionsgesellschaften im Verhältnis zum Staat eigenständig sind und mit diesem in jenen Bereichen kooperieren, die für beide Seiten wichtig sind. Daher wird angeregt, in solchen grundrechtssensiblen Fragen das Einvernehmen zumindest mit den betroffenen gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religionsgesellschaften zu suchen, um in der für Österreich spezifischen und vorbildlichen Art und Weise, in Kooperation mit den Betroffenen, die Anliegen umzusetzen, die im Interesse der gesamten Gesellschaft liegen.“
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