Augenzwinkernde Korruptionsbekämpfung

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BERICHT. Auch beim geplanten Straftatbestand „Mandatskauf“ wird nicht mit der notwendigen Konsequenz vorgegangen.

Es ist nicht so, dass die türkis-grüne Koalition keine Korruptionsbekämpfung betreibt. Bei zwei notwendigen macht sie bestenfalls aber nur einen Schritt. Beispiel Parteienfinanzierung: Es gibt mehr Transparenz und höhere Strafen, im Unterschied zu Frankreich aber nach wie vor keinen Straftatbestand illegale Parteienfinanzierung. Niemand muss in Haft. Beispiel Inseratenkorruption: Auch hier gibt es mehr Transparenz und strengere Auflagen, aber keine Obergrenze. Es bleibt möglich, den Boulevard mit Beträgen in schwindelerregender Höhe zu füttern. Beispiel Informationsfreiheit: Sie lässt auf sich warten. Was vorgesehen ist, lässt aber Übles befürchten: Ämter werden für die Abwehr von Informationsbegehren gestärkt, Bürgerinnen und Bürger sollen keinen Informationsbeauftragen erhalten, der ihnen hilft, sich durchzusetzen.

Und jetzt soll „Mandatskauf“ strafbar werden. Das ist gut und wichtig. Es wird dagegen vorgegangen, dass sich jemand einen Sitz in einem Parlament erwirbt bei einer Partei bzw. eine Partei gegen Bezahlung einen solchen vergibt.

Der Begutachtungsentwurf, für den Justizministerin Alma Zadic (Grüne) verantwortlich zeichnet, wird in zahlreichen Stellungnahmen begrüßt und verrissen zugleich. Beispielhaft angeführt sei hier die Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes (OGH) und weiter unten die der Staatsanwälte-Vereinigung.

Im Zentrum des Mandatskaufs sollen ein Kandidat oder eine Kandidatin für ein Amt sein. Im Entwurf ist das in männlicher Form definiert. Das ist demnach „jeder, der sich in einem Wahlkampf (…) zu einer nicht bloß hypothetisch möglichen Funktion als Amtsträger (…) befindet“.

Der OGH meint dazu: Diese Definition sei „unbestimmt“, der Anwendungsbereich „dadurch unklar“. Der Begriff „Wahlkampf“ sei für eine „exakte zeitliche und personelle Abgrenzung ungeeignet“. Weder sei ein Stichtag in dieser Beziehung aussagekräftig, noch ein sonstiger „außenwirksamer Akt“. Auch die Wendung „nicht bloß hypothetisch mögliche Funktion“ entspreche „nicht dem Bestimmtheitsgebot des Art 18 Abs 1 B-VG und ist daher problematisch“.

Das Kernproblem in einfacher Sprache: Der Mandatskauf muss im Wahlkampf stattfinden, damit er strafrechtlich relevant werden kann. Fünf Minuten davor kann er das nicht. Abgesehen davon, dass laut OGH eben offenbleibt, wann genau er beginnt, öffnet das einer Umgehung Tür und Tor.

Ähnlich ist es in Bezug darauf, dass ein aussichtsreicher Listenplatz vorliegen soll. Was aber ist das? Im Vorfeld kann man das nicht wissen. In Kärnten sind der ÖVP in Umfragen zehn Prozent ausgewiesen worden, erreicht hat sie 17. Kandidaten auf hinteren Listenplätzen sind so wider Erwarten zu einem Mandat gekommen.

Wirklich strafbar, nämlich mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren, soll die ganze Angelegenheit erst werden, wenn es „tatsächlich zu einer Mandatszuteilung gekommen ist“. Die Vereinigung der Staatsanwälte findet das problematisch, „liegt der Unwert der Tat doch bereits im Fordern, Annehmen oder sich-Versprechen-lassen eines Entgelts bzw. im Anbieten, Versprechen oder Gewähren“.

Und was dieses Entgelt betrifft, ist das überhaupt so eine Sache, wie die Vereinigung meint: Zwar sei klar, dass damit nicht nur Bargeld, sondern jede Gegenleistung gemeint sei, die in Geld bewertet werden kann. Für einen Mandatskauf sei das jedoch zu eng gefasst: Gefälligkeiten oder immaterielle Leistungen würden ausgenommen bleiben.

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